D/F 2023, 124 min
FSK 12
Verleih: Leonine
Genre: Biographie, Drama, Musik
Darsteller: Tijan Njie, Elan Ben Ali, Matthias Schweighöfer, Bella Dayne
Regie: Simon Verhoeven
Kinostart: 21.12.23
In den späten 80ern waren sie die Durchstarter. Kaum ein Pop-Duo hatte es in so kurzer Zeit so schnell an die Spitze der weltweiten Charts gebracht. Geblieben sind von Milli Vanilli vor allem die Bilder von Rob und Fab mit langen Rastazöpfen und der Skandal der Musikgeschichte schlechthin: Die beiden hatten nie auch nur einen Ton ihrer Hits selbst gesungen. Das hatte ihr Produzent Frank Farian, kurz nachdem Milli Vanilli 1990 den Grammy gewonnen hatten, bekanntgegeben.
Simon Verhoeven versucht sich an einem Biopic, das die Hintergründe des Aufstiegs und Falls der einstigen Stars beleuchten soll. Herausgekommen ist ein mäßig unterhaltsamer Film, und es empfiehlt sich, ergänzend zumindest den Dokumentarfilm MILLI VANILLI von Luke Korem zu schauen, will man einem nuancierten Blick auf das Leben von Fabrice Morvan und Robert Pilatus näherkommen.
Verhoeven will in den Anfangsszenen klarmachen, wie gegafft wurde, wenn Pilatus mit seinen weißen Adoptiveltern durch die Straßen lief, und wie sich sofort ein brüderliches „Erkennen“ zwischen den beiden jungen Schwarzen einstellte, als sie sich begegneten und zusammen das Münchner P1 mit ihrem expressiven Tanzstil aufmischten.
Trotzdem widmet sich der Film nicht wirklich der Perspektive der Menschen hinter dem Produkt Milli Vanilli, auch wenn er so tut, als würden Rob und Fab, in der Darstellung von Tijan Njie als Pilatus und Elan Ben Ali in der Rolle von Morvan, ihr Leben selbst erzählen. Es fühlt sich eher so an, als würden Klischees heruntergespult und mit den Best-Of-Hits von Milli Vanilli unterlegt: Ruhm, Mädchen, Drogen, das tragische Ende einer Karriere ergo Freundschaft und schließlich der Drogentod von Pilatus. Es wird zwar angerissen, was es bedeutet haben muß, von einer weißen Musikindustrie zunächst gewinnbringend aufgebaut und dann den wütenden (auch meist weißen) Fans als Sündenböcke zum Fraß vorgeworfen zu werden, aber es wird eben nicht emotional ergründet. Kulturelle Aneignung, Diversität, Rassismus sowie Fake, Selbstinszenierung und Social Media sind aus heutiger Sicht geradezu zwangsläufig mit dem Phänomen Milli Vanilli verbunden. Würde man das so auch retrospektiv betrachten wollen, statt ein sehr zahmes deutsches Popmusical mit Matthias Schweighöfer als Farian zu inszenieren, hätte es berührend werden können.
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...