Dustin Hoffman hat das mit seiner Tootsie wirklich grandios gemacht. Zog sich Frauenkleider an, legte Perücke, Brille, Schminke an – spielte Weib. Jetzt ist Tootsie wieder da, und sie heißt Gloria. GLORIA will doch aber ein Drama sein, keine Komödie, will ernsthaft und ambitioniert über eine Spätfünfzigerin erzählen, die sich von der Ernüchterung nicht einholen lassen mag! Warum also Tootsie? Nun, die wirklich starke Paulina Garcia – auf der 2013er Berlinale zu Recht mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet – sieht in dieser Rolle mehr als nur ein wenig aus wie sie. Sogar ohne Brille. Und haben sich die Bilder im Kopf erst mal festgesetzt …
Gloria kämpft. Sie lacht. Und raucht. Frustriert ist sie nicht, verbittert gleich gar nicht, auch wenn sie zwischendurch schon mal den Kopf in ihre Handtasche fallen läßt und am Joint nippelt. Da kommt noch was, sagen ihre Augen. Sohn und Tochter sind längst aus dem Haus, ihre Ehe ist geschieden, Leerstellen nach Arbeit füllt Gloria mit Lachtherapie und Tänzchen im Club der Rüstigen. Dort lernt sie Rodolfo kennen, einen nicht unschönen Mann mit Lust im Blick. Mit ihm könnte sich etwas Festes lohnen, viel mehr vielleicht als sinnliche Nächte, Kerzen ohne Schmerzen oder Händchenhalten. Zwei einsame Herzen norden sich behutsam ein.
Wenn Rodolfo nur nicht immer telefonieren würde! Stets sind seine erwachsenen Töchter dran, die entweder für sich oder ihre Mutter Hilfe und komische Anwesenheiten einfordern, die auf Gloria so wirken, als sei der Pantoffel aus Rodolfos Ehe noch bereit zum Hineinkriechen. Doch Gloria will diese Beziehung, will diesen Sex, die Drinks, will das gemeinsame Paintball-Schießen in Rodolfos Freizeitpark. Und sie will ihrer Familie zeigen, daß sie nicht mehr alleine ist. Beim Geburtstag des Sohnes aber kommt es zu einem ersten Eklat: Rodolfo verschwindet heimlich. Als er es später ein zweites Mal machen wird, schien das mit den beiden eigentlich schon gerettet.
GLORIA wird natürlich von der Hauptfigur und deren Darstellerin weggeschleppt. Das war so geplant, doch kaschiert diese Präsenz die Schwächen in Dramaturgie und Inszenierung keineswegs. Der chilenische Regisseur Sebastián Lelio läßt die Charaktere um Gloria herum zu blaß, zu konturenlos, zu behauptet in dem, was sie tun oder lassen. Im Falle von Schwächling Rodolfo haut es dem gesamten Film fast die Beine weg.
Originaltitel: GLORIA
Spanien/Chile 2012, 110 min
FSK 12
Verleih: Alamode
Genre: Drama
Darsteller: Paulina Garcia, Sergio Hernández, Diego Fontecilla, Fabiola Zamora
Regie: Sebastián Lelio
Kinostart: 08.08.13
[ Andreas Körner ]