Originaltitel: THE GREATEST SHOWMAN

USA 2017, 105 min
FSK 6
Verleih: Fox

Genre: Musikfilm, Drama, Biographie

Darsteller: Hugh Jackman, Zac Efron, Michelle Williams

Regie: Michael Gracey

Kinostart: 04.01.18

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Greatest Showman

Gut gemeint Flammendes im Überangebot

Könnten Sie es einem Film verübeln, mit wie viel Energie er für seine rundum gute Sache brennt, dabei bis an Nervgrenzen geht? Eine Frage, die sich hier stellt – dringlich und nachdrücklich. Gehen wir die Antwort möglichst objektiv an und betrachten zunächst – ganz klassisch – den Plot. Jener rückt Phineas Taylor Barnum in den Fokus, waschechter Filou und unerschrockenes Schlitzohr, Stichwort „Fidschi-Meerjungfrau.“ Das zum Musical umfunktionierte Biopic macht aus dem ambivalenten Schwindler ein makellos sympathisches Schlitzohr, dessen Herz am eigenen Gold manchmal regelrecht erstickt. Soeben erneut arbeitslos geworden, kann Barnum auf den uneingeschränkten Rückhalt seiner Gattin zählen, die nicht bloß Charity heißt, sondern auch in jeder Körperfaser Wohltätigkeit trägt. Wobei man schon fragen darf: Was mag Michelle Williams daran gereizt haben, ab und an grinsend respektive sich grämend durchs Bild zu huschen? Vergönnt sei ihr das leicht verdiente Geld fraglos dennoch, Analoges gilt für Hugh Jackman und Zac Efron. Ersterer schlägt sich wacker, Letzterem steht das fortschreitende Alter hervorragend, dem Talent half es indes wenig weiter.

Jedenfalls ereilt Barnum nun die Idee, ein „Kuriositätenkabinett“ zu eröffnen. Menschen vom Rand der Gesellschaft sollen – es duftet stark nach Zoo – zahlende Gaffer anziehen, man bekommt ja kaum jeden Tag hübsche Hundemänner, Albinos oder eine hinreißende bärtige Dame (das hiesige emotionale Zentrum, die personifizierte Würde und eine Ausstrahlungsbombe außerdem) zu sehen. Bald rollt der Rubel, aber wie erwartet lauern Vorurteile und Abscheu ...

Eine im humanistischen Kern stets aktuelle Geschichte, bereits 1932 Tod Brownings bahnbrechendem Meisterwerk FREAKS dienend, inklusive tatsächlich fehlgebildeter Menschen sowie vor dem Hintergrund massiver Zensur und geschockter Öffentlichkeit. Damals entstand ein gegen allen Widerstand gleichermaßen berührendes wie krasses und nahezu zärtliches Horrordrama, heute nutzt die unverändert (oder mehr denn je?) nötige Botschaft bunte, schnelle, im zwielichtigen Halbdunkel angesiedelte Transportwege. Sie wird oft süß serviert – sehr, sehr süß, quasi als Leinwandäquivalent einer Schicht Schokocreme plus Zuckerguß mit dicker Sahnehaube und Streuseln drauf. Gerade zum Ende hin verliert man fast den Überblick, wer wem derzeit eine feierliche Ansprache hält bzw. vorsingt, zum gefühlt 126. Mal darauf verweist: „Sei immer Du selbst!“ Klar, stimmt eigentlich unbezweifelt, trotzdem führt sogar bei wichtigen Inhalten deren ständig wiederkehrende Präsentation irgendwann zu Penetranz. Zumal die Lieder angesichts hoher gefälliger Gleichförmigkeit ebenso fix aus dem Ohr flüchten, wie sie schnurstracks reingegangen sind.

Und final noch: Warum sorgt zwar interkulturelle Liebe für Zündstoff, scheut das Drehbuch allerdings die in der Anlage nur logische Konsequenz mindestens einer Partnerschaft unter den als „Mißgeburten“ Gebrandmarkten, die zueinander ausschließlich familiäre/Familien ähnelnde Bindungen unterhalten? Ein doch zu heißes Eisen?

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...