Originaltitel: GREEN ROOM
USA 2015, 96 min
FSK 18
Verleih: Universum
Genre: Thriller
Darsteller: Anton Yelchin, Imogen Poots, Patrick Stewart, Macon Blair
Regie: Jeremy Saulnier
Kinostart: 02.06.16
Als „Green Room“ bezeichnet man den eben grün gestrichenen Aufenthaltsraum im Backstage-Bereich eines Theaters oder auch Liveclubs, wo sich die Künstler vor und nach ihren Auftritten die Zeit vertreiben können. Grün nun waren die (heute ist das eher nicht mehr allzu üblich), weil man der Farbe nachsagt, daß sie auf den Betrachter beruhigend wirke, Ängste mindere und die Nerven stärke. Was ja zumal vor oder auch nach einem Bühnenauftritt nicht das Schlechteste ist.
Und das selbst in so einem abgeranzten Schuppen wie jenem, in den jetzt Jeremy Saulniers neuer Film GREEN ROOM führt: The Ain’t Rights heißt die Punk-Band, deren Tour beschissener nicht laufen könnte. Irgendwo in der Pampa von Oregon beschert ihnen dann aber der Zufall oder, je nach Sichtweise, ein fieses Schicksal doch noch die Möglichkeit, wenigstens etwas Kohle bei einem Gig zu verdienen. Daß der bunkerhafte Laden unter nebligen Tannen sich als Lieblingstreff der ansässigen Hinterwäldler-Neonazi-Szene entpuppt, spielt da fast schon keine Rolle mehr. Und so lassen es sich The Ain’t Rights dann auch nicht nehmen, gerade hier den guten, alten Dead-Kennedys-Song „Nazi Punks Fuck Off!“ von der Bühne zu rotzen und die Stimmung damit schön aufzuheizen. Zum Runterkommen geh’s ja dann wieder in den Green Room.
BLUE RUIN heißt der kleine und erstaunlich gegen den Klischee-Strich gebürstete Rachethriller, mit dem Jeremy Saulnier vor drei Jahren zeigte, daß man gewisse Genrekonstellationen nach wie vor noch jenseits der Stereotype erzählen kann. GREEN ROOM setzt das fort. In seiner sehr eigenen Art sich still steigender Drastik. In seiner Mischung aus bleichem Indie-Look und herbem Naturalismus. Immer nah dran an den Figuren, auch beim Gewaltexzeß, aber dabei seltsamerweise nicht in die Falle des Spekulativen tappend.
Was echt was heißen will, bei dem, was den drei Jungs und einem Mädchen von The Ain’t Rights dann mit der Rückkehr in den Green Room widerfährt. Werden sie doch dort prompt Zeugen eines Mordes und finden sich plötzlich in einer fatalen Situation wieder: verbarrikadiert in diesem Räumchen, mit einem aggressiven Nazi-Stiernacken als Gefangenen und belagert von dessen Kumpanen davor, für die wiederum „Gefangene machen“ keine Option ist. Und als wäre das nicht genug, entpuppt sich der Chef der Kaschemme dann auch noch als so psychologisch manipulativer wie kaltblütig skrupelloser Anführer der arischen Totschläger (perfide charismatisch: Patrick Stewart).
Ängste mindern, Nerven stärken? Pustekuchen! In GREEN ROOM klappt das nicht so ganz mit der Farbpsychologie. Saulniers Film ist ein Kammerspiel auf Leben und Tod, das die Gewalt erst einmal nur kurz explodieren und dann für eine Weile die Klaustrophobie einfach köcheln läßt. Die Angst nimmt zu, die Aggressionen auch. Die Atmosphäre dickt kontinuierlich ein, wird bedrückend fühlbar.
Eine Wirkung, die sich wesentlich der Inszenierung der Enge des Raums verdankt, die hier erstklassig gelingt. Was sich gerade immer auch dann zeigt, wenn die Handlung aus diesem Raum ausbricht. Wie ein Überkochen, ein „Dampf ablassen“ in Gewalt ist das. Aber eben nicht als großes Action-Ballett vom Mord und Totschlag, sondern als rohe, rabiate, dreckige Anti-Stilisierung. Ganz Punk eben, wenn man so will.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.