Originaltitel: GREENBERG
USA 2010, 107 min
FSK 6
Verleih: Tobis
Genre: Tragikomödie, Schräg
Darsteller: Ben Stiller, Greta Gerwig, Jennifer Jason Leigh, Rhys Ifans
Regie: Noah Baumbach
Kinostart: 01.04.10
Da muß dieser nicht sehr große, ziemlich schmale und irgendwie hippelige Typ Roger Greenberg, um die 40 und planlos, wieder Fuß fassen im Leben und landet im Haus seines jüngeren Bruders, in einer Gegend, der er einst den Rücken gekehrt hat. Der Bruder, die Lebenstüchtigkeit in persona, weilt im Ausland, um mit Frau und Kindern zu urlauben (und nebenher ein Hotel zu eröffnen), und dem menschenscheuen Rekonvaleszenten überläßt er nicht nur luxuriöse vier Wände, sondern auch den Familienhund und einen Notfallplan.
Die Voraussetzungen sind nicht schlecht, trotzdem: Das Leben nach dem „Zusammenbruch“ geht sich nicht einfach an. Die Phobie ist (noch) da – und er, Greenberg, die Nachbarn planschen, fröhlich und gefährlich nah im Pool vorm Fenster, muß doch hinaus. Er trifft Ivan wieder, mit dem eine Musikerkarriere geplant war, und ein Barbecue bei Freunden mitsamt Anhang und allerhand Geschwafel übersteht er auch. Die neue Bekanntschaft mit Florence, auf dem Notfallplan vermerkte Assistentin des Bruders, weckt neue Lebensgeister, aber ihre erfrischende Jugendlichkeit ist auch strapaziös, und so findet Greenberg, in den Augen der anderen ein ungeselliger Loser bleibend, bald zu seiner einsamen Beschäftigung zurück: Er schreibt ausführliche Beschwerdebriefe. Egal an wen und warum, die Elaborate sind geeignet, die Tage zu füllen, und Greenberg kommt über die Runden. Dann aber wird der Hund plötzlich krank, der Pool läuft über, Hilfe muß her …
„Hurt People Hurt People“ ist nicht umsonst ein einprägsames Statement in GREENBERG, denn um diese vier Worte könnte tatsächlich die ganze Story gebaut sein. Leider ist das Drehbuch mitunter so planlos wie die Hauptfigur, und so stolpert die beinahe komödiantische Handlung gelegentlich, mal droht sie gänzlich auszuufern. Symbolik (ein totes Tier im Pool etwa), ungewöhnliche Kameraperspektiven (der Blick auf einen Hunderücken zum Beispiel) und Experimentierfreude beim Schnitt können die Unschlüssigkeit des Gesamteindrucks nicht mildern.
Erfreulich ist allerdings der manchmal arg schräge und ausgefeilte Dialog, ein Glück auch für Ben Stiller, der aus diesem schöpfen kann, um seinen Stadtneurotiker zu profilieren. Von Greta Gerwig, der Newcomerin an seiner Seite, wird vermutlich bald mehr zu hören und zu sehen sein – hoffentlich in einem Film mit mehr Plan und gern in der Originalfassung.
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.