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Große Diebe, kleine Diebe

Robin Hoods in Venezuela?

Venezuela Mitte der neunziger Jahre. Eine Wirtschaftskrise sucht das Land heim. Der Zusammenbruch vieler Banken treibt hunderte Familien in den Ruin, die Bevölkerung ist verarmt und verzweifelt. Vier Freunde, gefallen aus der ehemaligen Mittelschicht des Landes, finden sich zusammen, um einen kühnen Plan zu verwirklichen. Als staatliche Buchprüfer verkleidet, wollen sie eine der größten Banken ausrauben, sich so ihr hartverdientes Geld zurückholen.

Alles funktioniert wie es Horatio, der rotnäsige Anführer der Spießgesellen, geplant hat, bis sie feststellen müssen, daß die Bank bereits geplündert wurde. Der Direktor hat sich sowohl die Kunstgegenstände aus der Chefetage als auch das gesamte Geld seiner Kunden unbemerkt beiseite geschafft. In der allgemeinen Verwirrung darüber sind die "kleinen Diebe" plötzlich enttarnt, und in der nun noch größeren Verwirrung sind hastig Geiseln genommen und unsere Vier mit ihnen in der Bank verschanzt. Im Laufe der Zeit strömen immer mehr Sympathisanten der Geiselnehmer vor das Geldhaus, um ihren Helden zuzureden, und auch die Geiseln sind bald Verbündete im Kampf gegen die Korruption.

Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern als gewitzte Satire erzählt Regisseur Saderman von Korruption und Verarmung, von Machtbesessenheit und Egoismus. Doch er balanciert diese Themen so spielerisch aus, daß man sich ehe man sich’s versieht in einer Komödie wiederfindet. Mit hohem Tempo und Salsa-Rhythmen treibt er die Geschichte voran, steigert sie weiter und weiter, hält aber immer noch ein Schlupfloch parat, durch das Horatio und seine Freunde entkommen können. So hangeln sie sich durch ihre Misere und kommen immer haarscharf davon. Dank der wunderbaren Möglichkeiten des online-banking bekommen alle auch noch etwas ab vom Geld des korrupten Direktors. Und dann ist alles ganz plötzlich wieder vorbei, die vier haben sich doch mehr genommen, als nur ihr verlorengegangenes Erspartes und begegnen dem Bankdirektor in der Karibik wieder.

Genau da läßt uns Saderman allein mit unseren Gerechtigkeitskämpfern, beim Cocktail über ihren Yachtkauf plaudernd. Gemein so etwas, aber konsequent.

[ Benjamin Tillig ]