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Guilty Of Romance

Bizarr, freizügig, poetisch

Dem asiatischen Film ist mit westlicher Psychologie nicht beizukommen, auch wenn Sion Sono, der als exzentrisches Filmwunderkind gilt, sich einer kafkaesken Versuchsanordnung bedient, um seine Figuren in Richtung „Schloß“ zu treiben. In Kafkas Roman findet die Hauptfigur dieses nicht, bei Sono liegt die Lösung in einer Auflösung des Selbst.

So treibt er seine weiblichen Hauptfiguren in die hemmungslose animalische Sexualität. Daß eine fast mythologisch aufgewertete Unterwerfung dabei eine große Rolle spielt, mag an der Wichtigkeit liegen, die diese in der japanischen Gesellschaftsstruktur immer noch spielt. So zeichnet Sono sehr überspitzt das Dienen der Izumi, die sich als Ehefrau eines berühmten Schriftstellers diesem völlig ausliefert. Jeden Morgen steht sie devot mit Spitzenstrickjäckchen an der Tür und verabschiedet ihren Gebieter, um dessen weiße Pantoffeln gleich wieder in Position zu schieben, damit das große Genie beim Betreten des Hauses am Abend ja keine Mühe des Bückens auf sich nehmen muß. Das ist ausschließlich Izumi vorbehalten, die wie ein Hündchen nach jedem Bröckchen Beachtung hechelt. Sie bedankt sich, daß sie ab und an ihrem Ehemann den Schwanz lutschen darf, bis sie endlich neue Erfüllung in einem Aushilfsjob im Supermarkt findet. Dort verkauft sie Würstchen und wird von einer Pornofilmproduzentin entdeckt.

Parallel montiert Sono die Geschichte der Kommissarin Yoshida, die einen besonders ekligen Sexualmord aufzuklären hat: In einem leer-stehenden Haus im Rotlichtbezirk Tokios wird die Leiche einer Frau entdeckt. Gruselig: Unterleib und Torso wurden mit Puppen vernäht, Kopf und Arme fehlen. Yoshida lebt ebenfalls in einer Ehe. Ihre masochistischen Phantasien lebt Yoshida jedoch mit einem Freund ihres Mannes aus. Ihre Suche nach dem Mörder führt sie zu Mitsuko. Diese ist Literaturprofessorin bei Tag und Callgirl in der Nacht.

Alle Frauen können in Sonos Werk, das dem nur in Japan zu findenden Erotik-Genre Pinku Eiga zuzuordnen ist, Macht und Selbstwert nur im Tod oder in der Prostitution finden. In Japan findet man Sonos Film in manchen Videotheken in der Pornoabteilung. Spannend wäre zu erfahren, ob dieser bizarre und doch poetische Psychothriller eher von japanischen Frauen oder Männern ausgeliehen wird.

Originaltitel: KOI NO TSUMI

J 2011, 144 min
FSK 18
Verleih: REM

Genre: Thriller, Psycho, Erotik

Darsteller: Megumi Kagurazaka, Miki Mizuno, Makoto Togashi

Regie: Sion Sono

Kinostart: 09.08.12

[ Susanne Schulz ]