Scheinbar geht 2007 als jenes Jahr in die Kinohistorie ein, in dem das cineastische Böse entmystifiziert wurde. Im Januar erlebten wir Kettensägen-Killer Leatherfaces Vorgeschichte, einen Monat später durften wir erfahren, wieso Hannibal Lecter zum Kannibalen mutierte. Und nun ist es an der Zeit, Michael Myers’ Werdegang näher zu beleuchten.
Schon nach wenigen Augenblicken ereilt den HALLOWEEN-Kenner der erste Schock: Regisseur Rob Zombie stellt sich den späteren Massenmörder als blond-androgynes Bübchen vor, quasi eine Killerkind-Travestie! Momente später folgt Entsetzen Nummer Zwei: Michael, bislang stets das stumme Grauen, spricht! So plaudert der Junge eine gefühlte Ewigkeit lang daher, welcher man lediglich entnimmt, daß er schon früh psychopathische Tendenzen zeigt. Was daran liegen soll, daß er zwar seine Mami liebt, es ihm insgesamt zu Hause aber furchtbar schlecht geht – fieser Stiefvater halt. Dabei entblödet sich Zombie nicht mal, eine traurige Szene musikalisch mit "Love Hurts" zuzukleistern. Bereits jetzt ahnt man Schlimmes.
Wie von John Carpenters Klassiker vorgegeben, tickt Michael dann richtig aus, der Metzelmarathon beginnt und hält, von einigen Zeitsprüngen unterbrochen, in denen das Bübchen zum bulligen Wrestler reift, bis zum Showdown an. Weil Zombie aber nun mal weit weniger Wert auf subtilen Schrecken legt als einst Carpenter, wird hier ungleich expliziter, im Falle junger Damen nackter und überhaupt viel ausufernder gestorben. Wer den Leichenberg per Strichliste mathematisch aufdröselt, erhält eine Zahl jenseits der 20. Unnötig zu erwähnen, was dieses sinn- und seelenlose Massaker mit der ehemals straffen Spannungskurve anstellt. Und wundert es wen, daß selbst Laurie Strode zur austauschbaren Nebenfigur verkommt, die sich primär über ihre häßliche Hornbrille charakterisiert?!
Zombies lahme Sadismus-Orgie bleibt so selbst hinter dem schlechtesten aller bisherigen HALLOWEEN-Teile zurück und funktioniert auch als eigenständiger Film nur über die gängigen, gern akustisch überdimensionierten Schockeffekte. Üble Dutzendware, deren unverdienter Erfolg in Amerika allein dem zugkräftigen Titel geschuldet ist.
Originaltitel: HALLOWEEN
USA 2007, 109 min
FSK 18
Verleih: Senator
Genre: Horror, Killer
Darsteller: Malcolm McDowell, Scout Taylor-Compton, Tyler Mane, Brad Dourif, Sheri Moon Zombie, Daeg Faerch
Stab:
Regie: Rob Zombie
Drehbuch: Rob Zombie
Kinostart: 25.10.07
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...