Manch US-amerikanischer Filmexport sollte irgendwo im großen Teich verloren gehen. Doch mit solchen Wünschen muß man vorsichtig sein. Und Vadim Perelmans Spielfilmdebüt ist dafür der überzeugendste aller Gründe. Nach dem gleichnamigen Roman von Andre Dubus III inszenierte der gebürtige Kiewer intensiv und klug die große Tragödie um einen kleinen Traum: ein Haus am Meer.
Dieses Haus in Kalifornien, eigentlich ein abgewohnter, schäbiger Bungalow, hat Kathy von ihrem Vater geerbt. Geld hat sie nicht, geht putzen, der Mann machte sich aus dem Staub. Durch einen Behörden-Fehler, auch, weil sie seit Monaten keine Post mehr öffnet, wird zwangsgeräumt. Familie Behrani zieht ein, ein ehemaliger Colonel aus dem Iran samt Frau und halbwüchsigem Sohn, scheinbar wohlhabend. Doch die edlen Möbel sind nur Fassade für Freunde und Familie, für die der Colonel tags auf dem Bau und nachts an der Tankstelle schuftet. Es beginnt ein stetig dramatischer werdender Kampf, geführt mit aller Verzweiflung, einer Anwältin, Drohungen und schließlich der Waffe jenes verliebten Polizisten, der dem labilen Ex-Junkie Kathy zur Seite steht.
Für das Publikum ist die Wahl der Seiten jedoch unmöglich. Denn Perelman spielt nicht eines gegen das andere aus. In einer bei aller aufwühlenden Emotionalität dennoch klar strukturierten Parallel-Erkundung beleuchtet er, was nötig ist, um beide Haltungen nachzufühlen. Das Haus, auch als poetische visuelle Metapher sparsam eingesetzt, wird hier zur Sollbruchstelle für das amerikanische Märchen von den gleichen Chancen. Und der Bruch ist kompliziert, politisch und moralisch. Daß dabei auch differenzierte Einzelporträts entstehen, ist nicht nur Perelmans ungewöhnlicher Erzähl-Ökonomie zu verdanken, sondern auch überragenden Schauspielern. Besonders Ben Kingsley gelingt es, das Despotische des iranischen Familienoberhaupts, die verletzte Würde wie die unbedingte Liebe zum einzigen Sohn, glaubhaft zu machen.
Drei Oscar-Nominierungen gab es für diesen kraftvollen Film. Eine davon ist jedoch unverständlich: Filmmusikant James Horner, ein Reingeiger und Dazwischenpauker, der Stille wohl einfach nicht ertragen kann. Überhören!
Originaltitel: HOUSE OF SAND AND FOG
USA 2003, 126 min
Verleih: Kool
Genre: Drama, Literaturverfilmung
Darsteller: Jennifer Connelly, Ben Kingsley, Ron Eldard, Shohreh Aghdashloo, Jonathan Ahdout
Stab:
Regie: Vadim Perelman
Musik: James Horner
Kinostart: 24.03.05
[ Sylvia Görke ]