D/CH 2015, 105 min
FSK 0
Verleih: StudioCanal
Genre: Kinderfilm, Literaturverfilmung, Abenteuer
Darsteller: Anuk Steffen, Quirin Agrippi, Bruno Ganz. Hannelore Hoger, Jella Haase
Regie: Alain Gsponer
Kinostart: 10.12.15
Der Name Heidi ist gemeinhin ein Synonym für Heile-Welt-Kitsch: Berge, Freiheit, Herzigkeit. 1879 erschien das erste von zwei „Heidi“-Büchern – geschrieben von der Schweizer Autorin Johanna Spyri. Sie war eine außergewöhnliche Erscheinung in einer Zeit, welche die Frauen in der Regel auf die Rolle als Hausfrau und Mutter reduzierte. Den weltweiten Erfolg ihrer „Heidi“-Bücher hätte sich die Autorin wohl nie träumen lassen: Heute liegt die Gesamtauflage bei 50 Millionen, die Bücher wurden in 60 Sprachen übersetzt.
Die erste Verfilmung erfolgte schon 1920 als amerikanischer Stummfilm, 1952 erschien dann die erste deutschsprachige Kinofassung. Hierzulande prägte vor allem die japanische Anime-Serie aus den 70ern von Hayao Miyazaki und Isao Takahata das Heidi-Bild. Daraus stammt auch das bekannte Trällerlied des Duos Gitti und Erika. Aktuell werden die Kinder mit einer neuen Trickfilmserie in 3D-Optik bespaßt, die sich inhaltlich sehr am japanischen Vorbild orientiert, inklusive einer Neuauflage des Trällerliedes, diesmal gesungen von Andreas Gabalier.
Braucht es also wirklich eine Neuverfilmung des altbekannten Themas? Die überraschende Antwort lautet: Ja! Das Filmteam um den Regisseur Alain Gsponer und die Drehbuchautorin Petra Volpe geht zurück zur Buchvorlage von Johanna Spyri, die weit mehr als ein süßlicher Kinderroman ist. Im Grunde ist „Heidi“ das Drama eines verlassenen Waisenkindes, das allen widrigen Umständen trotzt, weil es reinen Herzens ist. Darin liegt die positive Kraft des Stoffes, die ihn so erfolgreich gemacht hat. Diese Utopie legt die Neuverfilmung frei.
Die aus den Büchern bekannten Stationen arbeitet der Film gerafft ab, ohne jedoch zu hetzen: die Ankunft beim Almöhi und das Einleben auf der Alm, der plötzliche Umzug nach Frankfurt und die Bekanntschaft mit Klara, schließlich Heidis Rückkehr in die Berge.
Neben schönen Landschaftsaufnahmen einer heilen Bergwelt zeigt HEIDI auch die Armut und Tristesse des Schweizer Dorflebens im 19. Jahrhundert. Weiterhin die bei allem Luxus bedrückende Enge, die in der herrschaftlichen Villa Seesemann in Frankfurt herrscht. Der Film lebt von diesen Kontrasten, einer sorgfältigen Bildgestaltung und exzellenten Darstellern. Die Kinderdarsteller behaupten sich dabei souverän neben Schauspielgrößen wie Bruno Ganz und Hannelore Hoger.
Klar, ganz ohne Kitsch kommt der Film nicht aus, aber in durchaus erträglichem Maß. Vor allem bietet HEIDI opulente Familienunterhaltung zur Vorweihnachtszeit.
[ Dörthe Gromes ]