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Heimliche Spiele

Von masturbierenden Männerfresserinnen

Prickelnd räkelt sich eine Leichtbekleidete, pralle Barockmusik berauscht, in die bizarre Szenerie drängt sich ein mysteriöses Schattenwesen. Zu Beginn des französischen Dramas HEIM-LICHE SPIELE ist die wundersame Welt des Kinos noch in Ordnung: offener, überraschender Anfang und vollends verführend. Dann allerdings startet leider, peu à peu, der lange Abstieg des Streifens ins Loch der Langeweile.

Sandrine, scheu, schüchtern und sexuell unbeleckt trifft auf Stripperin Nathalie, die mit der Lust spielt, sich auslebt, aber zu kühl und kalkulierend. Nun hat sich die Nathalie in den Kopf gesetzt, keiner weiß warum, Sandrine, die schlummernde Knospe, zu bekehren, nämlich zur Sexbesessenen. Das Spiel beginnt. Zuerst steht die Masturbation auf dem Lehrprogramm, dann kommt das muntere Miteinander, ja und warum denn nicht im lärmenden, total erotischen U-Bahn-Schacht? Schließlich fehlt noch eines im Programm: richtig, die Pirsch. Und die findet im Arbeitsalltag verheirateter Büroangestellter statt, die irgendwie unfair beiden Damen wie schwanzgesteuerte Karnickel hinterher rasen müssen. Die anfangs ach so süße, schüchterne Sandrine mutierte zur gnadenlosen Männerfresserin.

Regisseur Jean-Claude Brisseau drehte in der Tradition des jüngeren, französischen Kinos, tabubrechend und alles Körperliche zeigend. Nur ist aber Brisseaus belanglose Erotikrevue, gepaart mit Konzeptionslosigkeit und mannigfachen Klischees, alles andere als intensiv oder interessant, wie es doch Patrice Chéreaus INTIMACY sein konnte. Auch der Rückgriff auf ein altes Sujet, des sich Hochhurens, hat man oft besser gesehen. Plakativ und zu durchsichtig wirkt das Sexgemetzel, wo man von vornherein ahnt, daß nach der Onanie alles andere Ein- und Zweigeschlechtliche bis hin zur höllischen Massenorgie folgt.

"Bester Film des Jahres" lobten die legendären "Cahiers du Cinéma", in Cannes gewann der Film den Kulturpreis - merkwürdigerweise trotz aller Dialog- und Fleischlastigkeit, distanzierter Charaktere und der zu langen Langeweile.

Originaltitel: LES CHOSES SECRÈTES

F 2003, 90 min
Verleih: Alamode

Genre: Drama, Erotik, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Coralie Revel, Sabrina Seyvecou

Regie: Jean-Claude Brisseau

Kinostart: 01.01.04

[ Thomas Seifert ]