D 2021, 94 min
FSK 12
Verleih: Farbfilm
Genre: Dokumentation, Biographie, Drama
Darsteller: Florian Lukas, Anna Maria Mühe, Alice Dwyer, Samuel Finzi, Johann von Bülow
Regie: Marie Noëlle
Kinostart: 23.06.22
„Gauguin ging nach Tahiti, die Deutschen gingen nach Worpswede.“ Fast nebenher fällt dieser Satz in Marie Noëlles neuem Film, der sie ein nächstes Mal in Gefilde trägt, die sie zu lieben scheint: Geschichte, Kunst und Wissenschaft, mal als Fiktion (MARIE CURIE, DIE FRAU DES ANARCHISTEN), mal als Doku-Fiktion (DÜRER). Jetzt also HEINRICH VOGELER, den man mit ein wenig Kunstverstand und -interesse gern ausschließlich als Landschaftsmaler im Barkenhoff der Künstlerkolonie Worpswede nahe Bremen neben Paula Modersohn-Becker, Otto Modersohn und Rainer Maria Rilke als Gast verorten möchte.
Doch Vogeler war in seinen 70 Lebensjahren weit mehr: Grafiker, Architekt, Schriftsteller, Pädagoge, Designer, Sozialist, Dissident, manischer Verschönerer, träumender Vater, zweimal Ehemann. Man könnte recherchieren, doch für den Einstieg (böse Zungen würden sagen, der Ausstieg sei gleich mit drin) gibt es jetzt dieses Werk als sattes, zum Teil überfrachtetes Kaleidoskop und Potpourri, das ohne Zweifel elegant montiert wurde, mehr und mehr aber der Hatz seiner eigenen Stilmittel erliegt.
Spielszenen mit namhaften Figuren aus Vogelers Umfeld, wobei Florian Lukas eine treffliche Coverversion des echten Heinrichs abgibt, fließen in historische Filme und Fotos, eine Erzählstimme wird zur Kommentarstimme, sprechende Köpfe gehören unter anderem Verwandten, zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern, Kuratoren und Kuratorinnen. Nicht immer aber gehen Erkenntnisgewinne damit einher, kippt doch teils das Gewicht zwischen im Grunde stimmiger Inszenierung der Fiktion und ausgewähltem Dokument. Heinrich Breloer, Altmeister der Dokudramen, sucht da im Weniger oft das Mehr.
[ Andreas Körner ]