Mario Schneider begibt sich nach HELBRA erneut ins heimatliche Mansfelder Land, diesmal um den Zuschauer auf eine Jahresreise mitzunehmen, die das Tun eines seltsamen Gespanns beobachtet. Heinz (70) und Fred (25), Vater und Sohn, bewohnen ein Grundstück, das einem gut bestückten Schrottplatz gleicht, für beide ein reicher Boden, dem immer neue Arbeitsprojekte abzugewinnen sind. Jede ausrangierte Maschine, egal ob sie einst über die Äcker fuhr, durch die Lüfte flog oder auf dem Wasser ihren Dienst tat, egal in welchem Zustand oder wozu sie einst gebraucht wurde, Heinz und Fred sammeln alles, und alles, was sie sammeln, wird bearbeitet. Auch scheint es weniger wichtig, ob irgendjemand braucht, was dabei herauskommt. Alle Bedeutung, aller Sinn scheint im tätigen Sein zu liegen, von früh bis spät und jeden Tag.
Märchenhaft ist der Einstieg, den Schneider für seinen Film wählt. Ein Mundart-Erzähler führt an den Ort, von einem König geht die Rede, die Bilder fangen dazu die sanfte Beschaulichkeit einer Hügellandschaft ein. An den Toren zum Altmetall-Reich der Protagonisten wendet sich die Erzählung schließlich dem Leben zweier Außenseiter zu. Die Kamera Peter Badels beobachtet dieses in sorgfältig gewählten Einstellungen (auch die im Fluß der Zeit wechselnden Stimmungen der umliegenden Landschaft rückt sie in den Blick) und schnell entsteht das Gefühl von Authentizität. Einer solchen aber widerspricht die Akribie der Inszenierung, der immergleiche Look der Bilder, das Wiederkehren der kommentierenden Erzählerstimme. Diese Mittel betonen das Nichtreale, führen den Zuschauer vom nur Sichtbaren zu allem Denkbaren hin. Worauf fußt dieses Leben der beiden, mag man sich etwa fragen. Und: Fred, der ewige Sohn, einer, der krankt am zu zeitigen Tod der Mutter, und der nicht so ist wie andere, wird er ohne den Vater sein können?
Schneider zeichnet hier nicht nur ein Porträt der beiden, sondern auch das Bild einer Lebenshilfe in Eigenregie, die endlich ist. Die Wahrnehmung als Märchen findet sich endgültig dort unterlaufen, wo die schmerzliche Abhängigkeit Freds vom Vater deutlich wird. Das Leben, so eine Aussage des Films, schreibt eben Geschichten, die manchmal surreal erscheinen.
D 2007, 82 min
FSK 0
Verleih: 42Film
Genre: Dokumentation
Stab:
Regie: Mario Schneider
Kamera: Peter Badel
Kinostart: 27.11.08
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.