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Hello, I Am David!

Nice To Meet You!

Begegnete man David auf der Straße, käme man kaum auf den Gedanken, ein Genie vor sich zu haben: David umarmt gern wildfremde Menschen und fragt ganz höflich nach ihrem Befinden, er schlenkert einer Marionette gleich herum, plappert pausenlos daher, zappelt ohne Unterlaß, klaut Teebeutel am Flughafen, weil er das Heißgetränk so liebt, und lächelt immerfort. David ist eben anders – und ein weltberühmter Virtuose am Klavier, denn er heißt David Helfgott.

Viele Kinogänger kennen ihn aus SHINE, Geoffrey Rush hat dort David gespielt und dafür so ziemlich alle renommierten Filmpreise gewonnen. Das reichte Regisseurin Cosima Lange nicht, sie wollte mehr wissen, begab sich auf Spurensuche, begleitete eine Musik-Legende, welche fast elf Jahre in psychiatrischen Kliniken verbrachte, wegen einer „schizoaffektiven Störung.“ Doch Lange vermeidet es konsequent, ihrem Protagonisten das Siegel irgendeiner wie auch immer heißenden Krankheit aufzudrücken, was man ihr kaum hoch genug anrechnen kann. Ebenso wenig porträtiert Lange diesen David als putzigen Sonderling, ihre Beobachtungen bleiben zunächst eher nüchtern, bis sie geschickt den Fokus wechselt, auf eine wahrhaft große Zuneigung schwenkt, die ohne Umwege ans Zuschauerherz geht.

Über 30 Jahre sind der Piano-Gott und seine Frau Gillian bereits zusammen, und unvermeidbar sorgt Davids spezielle Art für manche Reiberei, von Gillian gern mit sarkastischer Langmut kommentiert: „The Joys Of Shopping With Helfgott!“ Doch allen Anstrengungen zum Trotz bleibt er stets ihr „Gorgeous“, selbst wenn sie ihn manchmal verbal an die Hand nehmen muß wie ein nervöses Kind. Eine exemplarische Ehe, möchte man meinen, Höhen und Tiefen inbegriffen, die Hosen über lange Jahre auf Frauenseite gewechselt, der Mann läßt sich eher ausgeruht leiten. Allerdings: Jene darin wohnende Liebe, deren bedingungslose Tiefe verblüfft und stark berührt, diese Liebe macht das Paar Helfgott dann doch besonders.

Gleiches kann man der zugehörigen Doku bescheinigen, weil sie es nebenbei fast spielerisch schafft, keineswegs überheblich-lehrerhafte Geduld im Umgang mit Abweichungen von gesellschaftlich akzeptiertem Verhalten aufzubringen und daraus entstehende Ungewöhnlichkeiten als schön zu benennen. Ein befreundeter Psychiater sagt zwischendrin beiläufig: „Die Welt braucht Außenseiter.“ Stimmt. Aber Außenseiter oder keiner: Vor allem braucht sie die Lebensfreude nicht durchnormierter Menschen wie David.

D 2015, 100 min
FSK 0
Verleih: Piffl

Genre: Biographie, Dokumentation

Stab:
Regie: Cosima Lange
Drehbuch: Cosima Lange

Kinostart: 21.01.16

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...