Längst ist das Kino eines unter vielen Geschäften Inter Nationes geworden, das im Nirgendwo produziert, woanders etikettiert und nach überallhin vertreibt. Oft genug wird dabei mit geschmacksneutralen Hybriden gehandelt. Im besten Fall jedoch entsteht Weltläufigkeit mit Charakter. Darko Lungulov, selbst Weltenläufer zwischen Serbien und den USA, zeigt, wie das geht. Und weil er sein großes Thema, den globalen Land- und Leute-Transfer, lieber von unten anpackt, beginnt diese Geschichte einer serboamerikanischen Begegnung mit einem klitzekleinen Umzug.
Robert, ehemals erfolgreicher Jazzmusiker, inzwischen verlebt und pleite, fliegt aus seiner New Yorker Wohnung und muß seine Habseligkeiten in ein neues Domizil überführen. Als Helfer engagiert er den serbischen Einwanderer Branko. Dem einen fehlt das Geld, dem anderen die ohne Visum in Serbien gebliebene Freundin. Das nächste Geschäft ist also perfekt, und der Musiker begibt sich einigermaßen lustlos zur Scheinhochzeit mit einer gewissen Ivana in ein Ostblockkaff namens Belgrad. Brankos attraktive Mutter nimmt den „guten Freund“ ihres Sohnes ahnungslos, aber herzlich auf, nicht ohne sich über dessen schlechte Manieren zu wundern.
Über Paris wurde wohl zuletzt 1951 ein Amerikaner abgeworfen, zumindest im Film. In skurriler, aber würdiger Nachfolge von Vincente Minnelli läßt nun Lungulov einen Bilderbuch-New-Yorker in die postsozialistische Belgrader Tristesse fallen. Der Aufprall des Big Apple ist leise und zuallererst seltsam, aber immerhin kräftig genug, um allerhand binationale Unkenntnis aufzuwirbeln. Und selbst wenn bei Lungulov selten getanzt wird, macht doch auch hier die Musik den Ton. Ein Dialog von Jazz und Balkanrhythmen entspinnt sich, virtuos gegen die geographische Demarkationslinie gebürstet. Zu dieser widersprüchlichen Partitur schlurft ein abgeklärter Weltgroßstädter in geborgter gelber Trainingsjacke zu einer unerwarteten Romanze, belästigt von einheimischen Freundlichkeiten und beschimpft als US-amerikanischer Bombenwerfer.
Die Lakonik, die kunstvoll inszenierte Beiläufigkeit dieses Langfilmdebüts beweisen, daß mit den Tugenden des Kurzfilms durchaus auch bei der großen Abendgala eine gute Figur zu machen ist. Und wenn man einen Hauptdarsteller wie David Thornton hat, der auch noch Gattin Cyndi Lauper zu einer Nebenrolle überreden konnte, braucht es für den Umzug vom kurzen ins abendfüllende Format nicht viel mehr als einen alten Transporter.
Originaltitel: TAMO I OVDE
Serbien/D/USA 2008, 90 min
Verleih: Camino
Genre: Komödie, Schräg
Darsteller: David Thornton, Mirjana Karanovic, Branislav Trifunovic, Jelena Mrdja, Cyndi Lauper
Stab:
Regie: Darko Lungulov
Drehbuch: Darko Lungulov
Kinostart: 22.04.10
[ Sylvia Görke ]