Originaltitel: HERETIC
USA 2024, 110 min
Verleih: Plaion
Genre: Thriller, Horror
Darsteller: Hugh Grant, Sophie Thatcher, Chloe East
Regie: Scott Beck, Bryan Woods
Kinostart: 26.12.24
Er ist und bleibt, allen sich ausbreitenden Charakterfalten zum Trotz, der jungenhafte Charmeur, der sympathische Hallodri, der im selben Moment ironisch parlieren und melancholisch dreinschauen kann, der RomCom-Typ in Idealausführung, mit dem man zu jeder Zeit und an jedem Ort, wie unwirtlich oder unheimlich er auch sein mag, frischgebackenen Kuchen essen und einen Plausch wagen würde. Und so sitzen dann auch Schwester Barnes und Schwester Paxton von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage behaglich im Wohnzimmer dieses Mannes, der, ganz Gentleman, die zwei jungen engagierten Missionarinnen aus dem unwirtlichen Sturm draußen vor der Tür hinein in sein trautes Heim gebeten hat. Zu ein paar theologischen Erbaulichkeiten bei Tee und Kuchen.
Beim Heiland! Oder doch eher: Teufel aber auch! Es ist ein köstlich fieser Besetzungscoup, mit dem das Regieduo Scott Beck und Bryan Wood in HERETIC aufwartet. Möglich, daß sich die Existenz dieses Filmes überhaupt diesem Coup verdankt. Oder dem Gedankenspiel, wie weit man einen Typen wie Hugh Grant gegen sein Image inszenieren, mit dessen smartem Erscheinungsbild spielen und es ins Abgrundschwarze umkehren kann. Es ist ja nun nicht so, daß Grant noch keine windigen Charaktere oder Fieslinge gespielt hat. Hat er. Und das durchaus mit Klasse. Und doch denkt man natürlich immer erst einmal und zu Recht außerdem an romantische Komödien, an VIER HOCHZEITEN UND EIN TODESFALL, NOTTING HILL oder TATSÄCHLICH ... LIEBE, wenn man an Grant denkt.
Dagegen kann man als Schauspieler nichts machen, das ist Segen und Fluch zugleich. Aber damit spielen, das kann man schon. Also, wenn man es kann. Und Grant kann. In HERETIC gibt er als Mr. Reed seine bisher abgründigste Rolle. Daß der Film sein anfänglich wunderbar perfide ausgebreitetes Horrorkammerspiel bald an auch überstrapazierte Genrekonventionen verschenkt, mag man bedauern, stört aber letztlich nicht wirklich. Denn die ketzerische Lust, mit der Mr. Reed seine Besucherinnen erst umgarnt und manipuliert und dann in wahre Höllengründe treibt, kostet Grant so innig und nonchalant aus, daß man Gefahr läuft, sich beim zukünftigen Wiederschauen von NOTTING HILL plötzlich vor dem Kerl zu gruseln.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.