Originaltitel: HOME

USA/D 2020, 100 min
FSK 12
Verleih: Weltkino

Genre: Drama

Darsteller: Jake McLaughlin, Kathy Bates, Aisling Franciosi, Derek Richardson, James Jordan

Regie: Franka Potente

Kinostart: 29.07.21

3 Bewertungen

Home

… und vergib uns unsere Schuld

Überschriften entstehen schon beim Sehen. Oftmals verändern sie sich auch nicht mehr. Bei HOME, dem (Sprech-)Filmregiedebüt von Franka Potente, war es anders. Da stand nach der Hälfte „Alles kaputt“ auf dem Zettel. Doch dann unterminierte Hoffnung die Handlung, schlich sich eine Aussicht hinein, als könnte das Kaputte bald zur Reparatur. Und die Überschrift war nicht mehr zu halten.

Er scheint etwas zu alt für Haarschnitt und Outfit, für das Skateboard, auf dem er über ländliche Straßen fährt. Seine Finger tragen tätowierte Buchstaben, die den Schriftzug „Lost Time“ ergeben. Marvin Hacks will nach Newhall, Kalifornien. Er will heim. Wie lange er weg war, ganze 17 Jahre, klärt sich auch anhand einiger reizender Szenen. So schaut er auf ein Smartphone, als sei es soeben aus dem All auf die Erde gefallen, seinen alten Kumpel Wade fragt er nach der Donots-CD, die sie damals immer gehört haben, und weder „Game Of Thrones“ noch „The Walking Dead“ sind Marvin bekannt.

Er war im Knast. Dort hat er andere Dinge gesehen.Daß der Hacks-Boy, wie sie ihn mit fast 40 noch immer nennen, wieder da ist, kommt nicht gut an im kleinen Newhall. Schnell fliegt der erste Stein ins Küchenfenster, melden sich die prekären Flintow-Enkel, denn es war deren Großmutter, die Marvin auf dem Gewissen hat. Nicht viel länger dauert es, bis Delta Flintow, die damals zu klein war, um Zusammenhänge zu begreifen, im Heimkehrer mehr zu sehen beginnt, als das, was Bruder Russell ihr einzuimpfen versucht. Und da ist noch Marvins alte, kranke Mutter, die den Sohn empfängt, als sei er nur von Klassenfahrt wieder da. Was hier nicht stimmt und zwischen beiden noch möglich sein wird, zeigt die kurze verbleibende Zeit.

Das Minenfeld ist offen: Es geht in HOME um Vergebung. Oft gewollt, oft versucht, oft daran gescheitert. Franka Potente, die es 2006 mit ihrem schwarzweiß-stummen Regiedebüt DER DIE TOLLKIRSCHE AUSGRÄBT nur auf 43 Minuten brachte, erzählt besonnen und ruhig eine Story aus dem Land, in dem sie seit längerer Zeit lebt. Kollege Gus van Sant scheint ihr nahe zu sein, denn auch Potentes Fokus ist das Menschliche und das Dazwischen. Erklären mag sie nicht viel, was bei einigen Figuren, vor allem im Auflösen von Konflikten, zu schwachen Konturen führt. Ein starker Jake McLaughlin aber, der seinen Marvin Hacks zu extremer Aufrichtigkeit geleitet, macht HOME sehenswert.

[ Andreas Körner ]