So spricht Bob Hunter, treibende Kraft hinter der Gründung einer später fast schon zufällig „Greenpeace“ benannten Organisation. Ihr ökologisches Ziel ist weithin bekannt, nicht aber, wie es zur Geburt kam. Ein Umstand, der sich nun ändert, weil Regisseur Jerry Rothwell auf eine wahre Fundgrube bislang unveröffentlichten Materials zurückgreifen konnte.
In fünf aufeinander aufbauenden Kapiteln montiert er es geschickt mit aktuellen Aussagen noch lebender Mitglieder der wirklich allerersten Stunde. Was zum Aufbrechen des gewohnten Talking-Heads-Prinzips führt, Vergangenheit und Gegenwart verzahnt, Erinnerungen und einstige Fakten mischt. Und wie nebenbei zunächst drei inhaltliche Schwerpunkte setzt: Kampf gegen Atomtests auf Amchitka, Stoppen primär russischer Walfangschiffe und Rettung der wegen ihres weißen Fells gemetzelten Robbenbabies. All das wechselt immer wieder zwischen aufschlußreich, spannend, schockierend, teils gar amüsant, erstaunt kann man zudem angesichts der Zurückhaltung in Sachen Pathos sein. Rothwell liegt nichts daran, Beweihräucherung zu betreiben, zumal die Gesprächspartner selbst bescheiden bis kritisch agieren. Eine Dame fragt sich beispielsweise rückblickend: „What The Hell Am I Getting Involved With?!“
Dann aber reißt Rothwell das Steuer herum, ihm geht es um mehr, konkret das Aufzeigen, was schleichend geschah. Querelen, eigenmächtige Entscheidungen, wuchernde Egos, Sprachlosigkeit, neu entstehende Splittergruppen. Internes Chaos führte zu Abrieb im Getriebe und differierenden Entwicklungen, das einst starke Grüppchen driftete auseinander, bis Jahre später Patrick Moore, ehemals Präsident von Greenpeace Kanada, die globale Erwärmung leugnete. So entsteht eine in sich geschlossene, sehenswerte Abhandlung darüber, wie sich die Welt tatsächlich verändern läßt – oder eben nicht.
Etwas überflüssig wirkt lediglich die manchmal dramatisch aus den Lautsprechern quellende Musik, hier macht sich letztlich auch die Doku jenen Ansatz recht unreflektiert zu eigen, der von Aktivistenseite offen geäußert und ohne weitere Bedenken durchgezogen wird: „You Know What It’s All About? It’s Putting On A Good Show.“ Mag sein, trotzdem: Aufnahmen des vom Walblut wortwörtlich rot gefärbten Meeres oder der blicklosen Augen geschlachteter Heuler benötigen keine akustische Unterstützung, sie verfolgen allein schon langfristig.
Originaltitel: HOW TO CHANGE THE WORLD
GB/Kanada 2015, 110 min
FSK 12
Verleih: NFP
Genre: Dokumentation
Stab:
Regie: Jerry Rothwell
Drehbuch: Jerry Rothwell
Kinostart: 10.09.15
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...