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Human

Menschen und dazwischen Landschaft

Der Filmtitel verrät einen gewissen Größenwahnsinn: die Menschheit eingefangen in einem Film. Der Franzose Yann Arthus-Bertrand hat sich an dieses Megaprojekt gewagt. Für HUMAN haben der Regisseur und sein Team drei Jahre lang in 60 Ländern über 2000 Interviews geführt mit Menschen unterschiedlicher Herkunft. Das Themenspektrum reicht von Liebe, Sex, Tod, Armut, Familie, Behinderung, Homosexualität, Migration bis zum Sinn des Lebens. Alle Gesprächspartner werden vor dem geichen schwarzen Hintergrund abgebildet, ohne ihre Namen oder Herkunft zu nennen. Nur durch Sprache und Kleidung erhält man Hinweise, woher die Leute stammen.

Zwischen die Interviews werden immer wieder Luftbildaufnahmen zu elegischer Musik geschnitten. Sie zeigen bizarr-schöne Landschaften oder auch Menschen beim Baden, bei der Arbeit, beim Fußball. Auf der großen Leinwand beeindrucken diese gestochen scharfen Bilder durchaus. Bekannt wurde Arthus-Bertrand in den 90er Jahren nicht als Filmemacher, sondern als Fotograf. Sein Projekt DIE ERDE VON OBEN zeigte Luftbildaufnahmen aus aller Herren Länder. Diese fotografische Herkunft merkt man HUMAN stark an, könnte doch jede einzelne Kameraeinstellung auch als Foto Verwendung finden. Der Film ist gewissermaßen ein bewegtes Fotobuch.

Bei freundlicher Gesinnung kann man HUMAN als Feier der menschlichen Vielfalt sehen. Als Versuch, das Leben via Masseninterviews zu ergründen. Aus der Vielzahl der Kurzgespräche ragen einzelne heraus. So beichtet ein Mörder, daß er erst durch die Angehörigen seines Opfers erfahren habe, was Liebe bedeutet. Ein russischer Vater erzählt unter Tränen vom Leben mit seinem behinderten Kind. Eine arme Frau appelliert verzweifelt an die Mächtigen, sie nicht verhungern zu lassen.

Das Filmprojekt wurde von der Bettencourt Schueller Foundation finanziert und von der UNO unterstützt. Arthus-Bertrand ist seit 2009 Botschafter des UN-Umweltprogramms. Die Botschaft ist klar: Wir leben auf einem Planeten, wir hängen voneinander ab. Also sollten wir füreinander Verständnis aufbringen, statt uns das Leben schwerzumachen. Das ist so banal, daß es nicht falsch ist, aber braucht es für diese Erkenntnis einen Film mit über zwei Stunden Laufzeit? Kurzweilig ist HUMAN nur in der ersten Stunde. Aufgrund seiner inhaltlichen Beliebigkeit bleibt am Ende nicht viel mehr als „Schön, daß wir mal drüber geredet haben.“

Originaltitel: HUMAN

F 2015, 143 min
FSK 12
Verleih: Polyband

Genre: Dokumentation

Regie: Yann Arthus-Bertrand

Kinostart: 20.10.16

[ Dörthe Gromes ]