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Humpday

Eine Männerfreundschaft geht neue Wege

Hetero-Männerfreundschaften sind schon ein Phänomen. Da darf zusammen gesoffen, gerülpst und gepupst werden, bis die Schwarte kracht, aber sobald es darum geht, andere Ausdrucksformen von Innerlichkeit als die gelegentliche Gefühlsbekundung hervorzubringen, herrscht bei der sonst so derbe-herzigen Kommunikation plötzlich peinlich-berührte Stille.

Weitab von den Zoten eines Mario Barth oder auch der prüden Hollywoodschen Sicht auf die Kumpelei zwischen „echten Kerlen“ im Stil von I LOVE YOU, MAN nimmt sich diese sympathische Indie-Komödie des Themas an und geht gleich in die Vollen. Denn die beiden besten Freunde im Zentrum des Low-Budget-Spaßes wollen nichts weniger, als endlich alle unterschwelligen homoerotischen Spannungen auf den Tisch zu packen und einander einfach einmal zu besteigen. Nun ja, einfach ist in diesem Zusammenhang vielleicht das falsche Wort, denn Andrew und Ben, die beiden Mittdreißiger im Mittelpunkt, tun sich eigentlich mächtig schwer mit der Überschreitung dieser bei näherer Betrachtung doch recht gewaltigen Grenze. Haben Sie sich doch in sturztrunkenem gegenseitigen Aufwiegeln dazu getrieben. Und nun will sich keiner aus der Vereinbarung herausstehlen, die beide im Kreise freigeistiger Kunstpornofilmer getroffen haben.

Weder Andrew, der verheiratete Fast-Papi, noch Ben, der weltenbummelnde Hallodri, wollen abweichen von ihrem Statement, daß ein Porno mit zwei Normalo-Heteros, die es miteinander treiben, eine großartige Idee für ein Kunstprojekt sei. Allerdings wird den beiden immer mulmiger, je näher der „Tag des Bespringens“ rückt, und als dann auch noch Ben aus Versehen Andrews Ehefrau Anna von ihrem Vorhaben erzählt, wird die Freundschaft schon vorm eigentlichen Akt der Akte auf eine harte Probe gestellt.

Eine gute Idee bedarf in der Umsetzung meist nur einfacher Mittel: Drei schlichte Sets, drei gute Hauptdarsteller und haufenweise witziger improvisierter Dialoge, und schon hat man einen Spielfilm, der sich sehen lassen kann. Und auch wenn’s immer mal wieder holpert, einige Szenen dann doch etwas zerdehnt sind, und das Ende vielleicht manchen ein wenig enttäuschen mag: Dieser Film verdient haufenweise Zuschauer. Denn nicht nur Männer dürften bei der unterhaltsamen Überzeichnung des Alphamännchen-Habitus’ auf ihre Kosten kommen.

Originaltitel: HUMPDAY

USA 2009, 95 min
Verleih: Fugu

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Mark Duplass, Joshua Leonard, Alycia Delmore

Stab:
Regie: Lynn Shelton
Drehbuch: Lynn Shelton

Kinostart: 04.11.10

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...