2 Bewertungen

I Won’t Go Quietly

Aids – wem nützt es?

Ich, die Autorin dieser Zeilen, hatte während meiner Schwangerschaft auf dem Zettel, den mir die Ärztin reichte, angekreuzt, daß ich keinen Aidstest machen wolle. Warum? Ich habe bis zu dem Moment, als ich Anne Sonos Film sah, nie intensiv darüber nachgedacht. War es Selbstschutz? War es fahrlässig?

Es war vor allem das, was allein schon das Wort Aids eine Nanosekunde mit mir machte, diese instinktive Verbindung zu Tod und Stigma trotz des rationalen Wissens, daß es heutzutage durchaus möglich ist, mit dieser Krankheit zu leben. Glauben wir Barbara Seebald, dann ist diese Angst politisch gewollt.

Frau Seebald wurde vom Landgericht Graz zu zehn Monaten Bewährung wegen vorsetzlicher Körperverletzung ihrer Tochter Muriel verurteilt. Sie hatte sich trotz ihrer HIV-positiv-Diagnose gegen einen Kaiserschnitt entschieden, die Medikamentengabe verweigert. Das Sorgerecht für ihre insgesamt vier Kinder wurde ihr daraufhin entzogen, und die Medien waren sich einig: Diese Frau ist eine unverantwortliche Mutter.

Anne Sono besucht sie in Österreich und trifft auf eine Frau, die gesund wirkt und kämpferisch. Seebald ist überzeugt, daß es in Wirklichkeit die Medikamente sind, die die Aids-Symptome hervorrufen und das Immunsystem irgendwann zerstören. Die Filmemacherin begibt sich ausgehend von Österreich auf eine durch Spenden finanzierte Reise, um das „Dogma Aids“ zu hinterfragen. Sie trifft auf Virologen und Fachärzte, die Seebalds Thesen stützen.

Ich, die Zuschauerin, bin verstört. Sollte es wirklich so sein, daß die Existenz von Aids nur eine „Mainstream-Behauptung“ ist, daß Ärzte weltweit Mittel verschreiben, von denen viele von ihnen wissen, daß diese „scheibchenweise töten“? Oder habe ich es hier einfach mit Verschwörungstheoretikern zu tun? Sono trifft Line in Norwegen, Tatyana und Tamara in Rußland und Karri aus den USA. Sie alle haben sich für die Absetzung der Medikamente entschieden. Ihre persönlichen Geschichten der Auflehnung gegen staatliche Reglementierung und ihre Kämpfe gegen das Gesundheitssystem klingen unglaublich. Die Kraft dieser Frauen, die achtsamen Bilder, die Sono für sie findet, rühren an.

Viele Fragen läßt der Film jedoch offen, so erfahren wir beispielsweise ohne Erklärung im Abspann, daß Tamara in der Nacht der Filmpremiere ermordet wurde. Ich entscheide mich im Zweifel für den Zweifel – den Raum für eigene Nachforschungen.

D 2011, 80 min
FSK 6
Verleih: Blue Bell Media

Genre: Dokumentation

Regie: Anne Sono

Kinostart: 07.03.13

[ Susanne Schulz ]