Der Igby ist einer von denen, die man tatsächlich an den Löffeln ziehen will, einen kleinen Klaps auf den Hinterkopf vielleicht, eben einer, der so einen putzigen Beschützerinstinkt hervorruft. Dabei kommt der 17jährige Chaot eigentlich ganz gut zurecht. Eigentlich.
Wären da nicht sein schizophrener Vater, in dessen Welt Igby schon ewig nicht mehr eindringen kann, sein arroganter und Karriere-geiler Bruder Oliver und vor allem die exaltierte, steinreiche und drogenabhängige Mutter Mimi. Die ist zudem hysterisch, unnachgiebig und krebskrank. Fiese Mischung will man meinen, so ist es in der Tat. Mimi will für den blassen Igby natürlich nur das Beste. Sie sieht sein Glück auf einer Militär-Akademie. Der Ärmste flieht, verscherbelt den beweglichen Familienbesitz wie Edelbestecke etc. an der nächsten Ecke und lernt die Liebe kennen. Nun gut, erst einmal nur Sex, aber bald auch richtige Liebe. Bloß damit wird das Pubertätschaos nicht wirklich überschaubarer ...
Ein herrlich abgefahrener Spaß, der in seinen stärksten Momenten doch wirklich an die skurrilen Ausflüge nach Rushmore oder in den Schoß einer Terror-Familie à la Tenenbaums erinnert. Hier läuft wirklich niemand so richtig rund, alle haben gehörig einen an der Waffel, und da wirkt unser milchhäutiger Igby schon fast wie ein Fels in der Brandung. Einer aus Pappmaché allenfalls, aber immerhin ein Fels. Der Wahn- und Irrsinn seiner Lärmverwandschaft ist auf Dauer ohnehin zu viel für seine schmalen Schultern.
Kevins jüngerer Bruder Kieran Culkin erweist sich nach kleineren Performances in GOTTES WERK UND TEUFELS BEITRAG und MUSIC OF THE HEART als echtes Talent. Er verkörpert genau die Mischung aus unschuldiger Chuzpe, aufbäumender Dreistheit und sehnsuchtsvollem Erwachsenwerden, an die man sich vielleicht auch noch selbst erinnert. Wenn einem eine solche Horror-Sippe im allgemeinen auch glücklicherweise erspart blieb ...
Originaltitel: IGBY GOES DOWN
USA 2002, 97 min
Verleih: Solofilm
Genre: Schräg, Satire, Erwachsenwerden
Darsteller: Kieran Culkin, Susan Sarandon, Ryan Philippe, Jeff Goldblum, Claire Danes, Amanda Peet, Bill Pullman, Jared Harris
Regie: Burr Steers
Kinostart: 01.05.03
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.