D/CH 2018, 92 min
FSK 0
Verleih: Peripher
Genre: Dokumentation
Regie: Darío Aguirre
Kinostart: 04.04.19
„Fremd war mir an Dir hauptsächlich der Künstler“, sagt der Schwiegervater, der sich nicht vorstellen kann, wie der neue Freund der Tochter mit Kunst seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Die Skepsis ist aber nicht nur wegen der bevorstehenden Berufswahl groß. Denn Darío Aguirre kommt aus Ecuador, trägt einen schwarzen Zopf, spricht ausschließlich Spanisch. Der Kulturschock für den 20jährigen könnte also nicht größer sein: Reihenhaus mit Kuckucksuhr, gepflegter Vorgarten und gefegte Bürgersteige, die sich abends automatisch hochrollen. Kein leichter Start für einen Auswanderer, den die Liebe zu einer deutschen Frau in eine abgelegene Ecke Deutschlands an der tschechisch-polnischen Grenze verschlägt: nach Zittau. Doch der junge Mann mit den großen Augen hält durch, zieht mit Steffi nach Hamburg, studiert Kunst und lebt sich ein in einem Land, dessen Regeln er erst mal lernen mußte: Müll trennen, pünktlich sein, deutsch sein eben.
Als er 15 Jahre später die Möglichkeit bekommt, deutscher Staatsbürger zu werden, beginnt Aguirre diese persönliche filmische Reise hin zu der Frage, was Integration eigentlich bedeutet, und was von einem bleibt, wenn man sich der neuen Umgebung so gut wie möglich anpassen will. „Sogar Deine Haut ist blasser geworden“, sagt die Schwiegermutter, die Aguirre erstes Jahr ganz ohne Deutschkenntnisse nur als „schwierig“ in Erinnerung hat.
IM LAND MEINER KINDER ist eine spannende und dauerhaft aktuelle Innenansicht eines Zugezogenen, der mit seiner Geschichte die Zerrissenheit des Ichs schildert, die immer bleibt, selbst wenn man sich über Jahre an einem Ort aufhält. „Die Heimat bleibt immer da, wo man geboren wurde“, sagt Aguirres Vater, der seinen Sohn aus 14.000 Kilometern Entfernung so gut es geht unterstützt, obwohl er ihn noch nie in Deutschland besuchen konnte.
Bisweilen plätschert der Film vor sich hin, etwa, wenn die Kamera Aguirre bei den Behördengängen begleitet, oder Papierkram erledigt wird. Dieser bürokratische Aufwand hält emotionale Distanz, die hindert zu verstehen, wieviel Kraft der Identitätswandel bedeutet. Spannend wird es am Ende, als Aguirre seine Urkunde persönlich überreicht bekommt. Der Beweis für ein neues Leben auf einen Blatt Papier. „Passen Sie gut darauf auf“, sagt der Beamte hinterm Schreibtisch. Denn es gäbe keine Abschrift, und bei Verlust könne keine neue ausgestellt werden. Als wäre die Staatsbürgerschaft ein Gegenstand und keine Geisteshaltung. So viel zum Thema Bürokratie.
[ Claudia Euen ]