Originaltitel: IN AMERICA
Irland/GB 2003, 105 min
Verleih: Fox
Genre: Drama
Darsteller: Samantha Morton, Paddy Considine, Sarah und Emma Bolger, Djimon Hounsou
Regie: Jim Sheridan
Kinostart: 11.12.03
Das war knapp! Die Kinder Christy und Ariel hätten sich beinahe verplappert bei der Frage nach dem Sinn ihrer Einreise in die USA. Die Grenzer wurden skeptisch, als Vater Johnny drei und Mutter Sarah zwei angaben. Sie wurden testend nach der Anzahl ihrer Kinder gefragt. In dem Moment tut es dem Zuschauer zum ersten, aber bei weitem nicht zum letzten Mal in diesem trotz aller ungezügelten Traurigkeit märchenhaften Film heftig weh. Denn den Neuanfang der irischen Familie in den Staaten kann einer nicht mehr erleben: der kleine Frank starb an einem Gehirntumor, die Eltern sind ohnmächtiger als die kleinen Mädchen, im Umgang mit dem Tod des jüngsten Familienmitgliedes.
Der Neubeginn im fiebrigen New York ist dorniger als ein Bund Wildrosen, ohne Geld, ohne Aussicht auf einen Job, die leidige Zuversicht will hart erkämpft sein. In dem abgerissenen Haus, in das sie einziehen, treffen sie auf den schwarzen rätselhaften Mateo, der sich mit den Kindern anfreundet und bald an einer seltsamen Krankheit stirbt. Sie nehmen von ihm Abschied, und endlich ist auch Johnny bereit, seinen toten Jungen loszulassen ...
Jim Sheridan geht mit den Gefühlen verschwenderisch in die Vollen, er bürstet den Zuschauer emotional auf Grund durch und der läßt es einfach geschehen. Weil Sheridan zu klug ist, um sich auf den Weg des Kitsches zu verirren. Vielmehr fabuliert er mit Inbrunst von den Schieflagen des Lebens, von der panischen Sucht, immer weiter zu gehen, von der unbändigen Stärke und manchmal auch Verknöcherung der irischen Seele.
Wenn Johnny wie ein Berserker eine Klimaanlage in die brütend heiße Wohnung schleppt, wenn Sarah unter kritischen Umständen ihr viertes Kind gebiert, wenn die Kinder bei allem mal wieder nicht die Neunmalschlauen, sondern einfach die Beherzteren sind, dann bebt dem Zuschauer das Herz, da zittern die Knie, da laufen einfach unaufhaltsam die Tränen.
Sheridan erweist sich wieder einmal als virtuoser Meister auf der Klaviatur des Lebens, als unerschrockener Kämpfer für die Würde, als ginge es darum, den Moment zu überleben und die Liebe an den Traum zurückzugewinnen. Und genau darum geht es!
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.