D 2013, 122 min
FSK 0
Verleih: Salzgeber

Genre: Dokumentation

Stab:
Regie: Volker Koepp
Kamera: Thomas Plenert

Kinostart: 01.05.14

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In Sarmatien

Der richtige Film zur richtigen Zeit

Volker Koepp ist ein Regisseur, der sich bei der Wahl seiner Themen nicht vom tagespolitischen Geschehen leiten läßt. Er dreht mit schöner Regelmäßigkeit alle ein bis zwei Jahre einen bildgewaltigen Dokumentarfilm, der uns in die unbekannten Weiten des östlichen Europas entführt. Diesmal reist er nach Sarmatien, die sagenhafte Landschaft zwischen Litauen, Weißrußland, Ukraine und Polen. Sarmatien ist für Koepp ein Sehnsuchtsort, den er schon vielfach filmisch gewürdigt hat (auch sein vielleicht bekanntester Film HERR ZWILLING UND FRAU ZUCKERMANN wurde in Czernowitz, Sarmatien gedreht). Nun ist Koepp erneut gereist und mit einer 120minüten Liebeserklärung zurückgekehrt. Und diese Liebeserklärung kommt zur richtigen Zeit, denn sie richtet sich an Menschen, die momentan in Deutschland pauschal als Sozialschmarotzer und Armutsmigranten hingestellt werden.

Koepps Protagonistinnen Tanja, Ana und Elena, alle drei beeindruckend starke Frauen, würden in Deutschland anno 2014 im Rahmen der schamlos populistisch geführten Debatten um die Arbeitnehmerfreizügigkeit wahrscheinlich vor allem als Bedrohung des Sozialstaates wahrgenommen. Denn sie nehmen für sich in Anspruch, ihr Leben nach den eigenen Wünschen zu gestalten – und zu leben und zu arbeiten, wo sie wollen. Doch selbst wenn sie, wie Tanja und Ana, seit vielen Jahren im Ausland leben, zieht sie ihr Herz immer wieder nach Hause. Dort wie hier werden ihre Kraft und ihre Wärme, die aus jeder einzelnen Aufnahme sprechen, dringend gebraucht.

Volker Koepp ist das Kunststück gelungen, einen poetischen, energiegeladenen Film zu drehen, der durch die Begleitumstände seiner Veröffentlichung zu einem politischen Statement wird. Wer die Offenheit dieser Frauen erlebt hat, der kann gar nicht anders, als sich für die kleingeistigen Abschirmungsstrategien des deutschen Kleinbürgers zu schämen.

Und wer sich öffnet für die Gedanken und Geschichten der Sarmatier, der wird schnell merken, daß kaum jemand freiwillig die Heimat zurückläßt: „Wir werden hier gebraucht“, sagt Elena, die zarte Kulturfrau, die in Kaliningrad ein Filmfestival organisiert und die heute – nach Jahren der Agonie – wieder für die Öffnung nach Westen demonstrieren geht. Volker Koepp hat ihr und den anderen mit diesem Film ein absolut sehenswertes Denkmal gesetzt: Home Is Where The Heart Is.

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.