Originaltitel: THE GREAT ESCAPER
GB/USA 2023, 97 min
FSK 12
Verleih: Leonine
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Michael Caine, Glenda Jackson, Danielle Vitalis, Donald Sage MacKay, Wolf Kahler
Regie: Oliver Parker
Kinostart: 23.11.23
Anfangs blickt Michael Caine, damals schon knapp 90, übers Meer, und man möchte sich dazustellen, still, einfach so. Dankbar für rund 170 Filme und Serien, von denen nichts echt schlecht war (okay, VERLIEBT IN EINE HEXE und DER WEISSE HAI IV ausgenommen). Und im vermutlichen Wissen, daß dieser Auftritt sein letzter ist – wie bei Glenda Jackson.
Caine spielt Bernard „Bernie“ Jordan, Jackson Gattin Rene. sechs Dekaden dauert jene Liebe bereits an und hat sich zu schönster Selbstverständlichkeit gewandelt; Küsse auf den Kopf, leise Berührungen und neckisches Kabbeln beweisen’s. Zusammen lebt das Paar im Altersheim, Bernie begrüßt nach der Morgenrunde ehrlich freudig eine weitere Bewohnerin: „I Thought You Were Dead!“ Das Alter treibt eben sich natürlicher Endlichkeit bewußte Humorblüten, es gibt keine Zeit zu verschwenden, weshalb Rene zu Bernies Plan, am 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie vor Ort den gefallenen Kameraden zu gedenken, nur spricht: „Just Go!“ Er tut’s, trotz starker Sorge um sie.
Eine wahre Geschichte, welche ohne nennbare Überraschung jedweder Art angenehm erzählt wird. Die zwischen seinen schrecklichen Front- und ihren wundervollen Kennenlern-Erinnerungen pendelt. Bisweilen den korrekten Moment erkennt, die Klappe zu halten – zum Beispiel, wenn Bernie gemeinsam mit deutschen Schicksalsgenossen schweigt. Es andererseits aber nicht schafft, die großteils schmierige musikalische Untermalung verstummen zu lassen. Nebenfiguren Raum gewährt, darunter Adele, dauernd mißmutig scheinende Pflegerin, tatsächlich eine sensible junge Frau, etwas Zuwendung suchend. Dabei nirgends den zwei Vollblutmimen gewidmeten roten Teppich aus dem Fokus verliert: Während Caine die hiesige Seele verkörpert, liefert Jackson Herz und Komikzentrum, Renes reizend spitze Zunge will niemanden verletzen, piekt jedoch herrlich wortgewandt, wo immer sie zum Einsatz kommt. Manche Momente des Ärgers legen auch ewig wunde Krater im Beziehungsgeflecht frei – ihre Aussage, der Krieg wäre stets eine Sache „Between Me And Him“ gewesen, geht tief.
Jackson hätte sich kaum ein besseres Abschiedsgeschenk als Renes Darstellung wünschen können, Gleiches gilt (leider wahrscheinlich) für Caines Bernie. Der Zuschauer bleibt da zurück, erneut dankbar. Und schier zerrissen durch eine finale Texttafel.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...