D 2017, 101 min
FSK 0
Verleih: X Verleih

Genre: Drama, Polit

Darsteller: Bruno Ganz, Sylvester Groth, Angela Winkler, Alexander Fehling, Gabriela Maria Schmeide

Regie: Matti Geschonneck

Kinostart: 01.06.17

22 Bewertungen

In Zeiten des abnehmenden Lichts

Berückende Chronik eines Niedergangs

Nein, diesen Wilhelm Powileit möchte man nicht zum Feind, zum Freund allerdings auch nicht. Weder in Friedenszeiten, noch in der schalen Sphäre des Kalten Krieges. Ein sturer Kerl, selbstgerecht außerdem, schneidet doch der hochdekorierte Bonze Artikel über sich aus, packt sie in die Kiste, in der all die Funktionärs-auszeichnungen müde schimmern. Langsam tendiert er in Richtung Plemplem, vermutet Giftattacken seiner Frau Charlotte, befummelt ungelenk die Haushaltshilfe und ist doch von einer bestechenden Intelligenz. Der Alte weiß schon, daß es vor allem Arschkriecher, Bücklinge, Speichellecker, Schmarotzer, Parteiknechte und Wichtigtuer sind, die heute antanzen, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren. Seinem 90. wohlgemerkt – und sein letzter, wie Wilhelm selbst und ziemlich frei von Ironie konstatiert. Er, auf dem Weg zum Träger des Großen Vaterländischen Verdienstordens, ahnt sehr wohl, daß es in Richtung Abgrund geht mit seinem Arbeiter- und Bauernstaat, gerade deswegen ist einer wie Gorbatschow für ihn ein schnöder Proll.

In der Bestsellerverfilmung IN ZEITEN DES ABNEHMENDEN LICHTS wird aus den Federn Wolfgang Kohlhaases und Matti Geschonnecks von unbändigen Zeiten erzählt. Es sind die letzten Tage der DDR, unverkennbar, der Funktionär Powileit verschließt dennoch trotzig bis starrsinnig Augen und Herz, wenn er sich jubilierende Pionierständchen, schleimerische Grußbotschaften und ein üppiges Buffet auffahren und noch mehr Lametta an die schwer behangene Ordensbrust heften läßt, um ja kein Wörtchen über Wandel, Kollaps und Massenflucht zu verlieren. Doch dann erfährt er, warum sein Lieblingsenkel Sascha nicht zum Gratulieren erscheint ...

Geschonneck erzählt von einer bleiernen Zeit, als das Private in höchstem Maße politisch wurde, er erzählt in angenehm gemäßigtem Tempo mit sanftem Witz und keiner unnötigen Ausschmückung von dem Herbst, in dem ein Land seine Kinder und damit auch seine Zukunft verlor. Es sind bestechend fein ziselierte Dialoge, eine sanft-spöttische Komik verschafft sich Raum, und es sind beiläufige Blicke in müde Gesichter, in angsterfüllte Seelen und auf vor Unzufriedenheit gekrümmte Rücken.

Geschonnecks Film ist ein astreines Stück feinsten Schauspielerkinos, großartig angeführt wird das ausnahmslos beeindruckende Ensemble von Bruno Ganz und Sylvester Groth, die den Film auch zu einer bedrückenden Vater-Sohn-Geschichte machen.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.