Originaltitel: THE INSIDER
USA 1999, 153 min
Verleih: Constantin
Genre: Polit, Thriller
Darsteller: Al Pacino, Russell Crowe
Regie: Michael Mann
Kinostart: 27.04.00
Regisseur Michael Mann beschwört das Bild einen der nordamerikanischen Nationalmythen herauf: investigativer Journalismus. Die freie Presse als Garant für objektive Information und engagierte Wahrheitssuche. Doch wie weit geht die Freiheit wirklich?
"60 Minuten" ist der Titel des renommierten TV-Enthüllungsmagazins, das Lowell Bergmann für CBS produziert. Je explosiver die Geschichte, desto besser die Einschaltquoten.
Als er von einem anonymen Informanten Dokumente über den Tabakkonzern Philip Morris erhält, deren Inhalt für ihn als Laien nicht zu entschlüsseln ist, muß ein Fachmann her - Dr. Jeffrey Wigand, Chemiker und Leiter der Forschungsabteilung von Brown & Williamson. Der hat allerdings andere Probleme. Soeben ist er aus fadenscheinigen Gründen gefeuert worden und steht damit vor enormen finanziellen Schwierigkeiten. Zudem verpflichtet ihn ein Vertrag zum Stillschweigen über alle firmeninternen Vorgänge. Doch Bergmann ist Profi und überredet den Wissenschaftler, zumindest zum Inhalt der Dokumente Stellung zu nehmen. Plötzlich werden Wigands ehemalige Arbeitgeber wieder aktiv und sprechen unverholen Drohungen aus. Aber die erhoffte Wirkung bleibt aus. Der Kampfgeist des unscheinbaren Familienvaters ist geweckt. In einem umfassenden Interview offenbart er die schmutzigen Praktiken der Tabakindustrie und CBS wittert die ultimative Sensation.
Michael Mann gönnt uns die Illusion der unabhängigen Macht der Presse nicht lange. Wie ein Kartenhaus stürzt sie in sich zusammen, als CBS aus Angst vor Milliardenklagen, die den Sender ruinieren würden, nur eine deutlich entschärfte Version der Story zur Ausstrahlung freigibt. Der Insider wird fallengelassen.
Routiniert und mit ungeheurer Präzision konstruiert Mann den Aufstand zweier Ohnmächtiger. Seine Hauptfiguren irren durch ein emotionales Geflecht aus Mut und Feigheit, stoßen an ihre Grenzen und überspringen sie. Zum Glück ist die Geschichte trotz ihrer politischen Brisanz eher still inszeniert, denn so versinken die durchweg guten Darsteller nicht in der Dichte des Stoffes.
[ Sylvia Görke ]