Oumar aus Guinea-Bissau schaut hinüber nach Europa. Dann zeigt er am Strand die Plastik-Kanister, die er sich vor den Bauch gebunden hatte. Beim letzten Versuch, hinüber zu schwimmen. Die Wüste hat er hinter sich gelassen, das Meer aber ist unüberwindbar. Zakari, ein desertierter algerischer Offizier, lebt seit zehn Jahren illegal in Deutschland. Edita aus Ecuador hat eine dreimonatige Verlängerung ihres Aufenthalts in Paris bekommen, Prince sitzt in einem Abschiebegefängnis in Holland. Er soll zurück nach Nigeria. Und Malika, eine aus Rußland geflüchtete Tschetschenin wartet in einem polnischen Asylantenheim auf den Beginn eines neuen Lebens ...
Regisseur Andreas Voigt hat ein wichtiges Thema aufgegriffen - etwa fünf Millionen Menschen leben illegal in Europa. Er versucht mit seinem Dokumentarfilm fünf Flüchtlinge zu porträtieren. Die Einzelschicksale zeigen, wie unterschiedlich die Beweggründe sind, hierher zu kommen, und was aus den Träumen wird. Oumar hat am Ende einer langen Reise die längsten 25 Kilometer noch vor sich. In Deutschland wird Zakaris Urteil gefällt, und Prince ist am Ende des Filmes wieder in Nigeria.
Voigt hat über ein Jahr im Leben seiner Protagonisten festgehalten. Im Erzählen pendelt er zwischen Personen und Orten, findet zu intensiven Bildern für die Verwaltungsmaschinerie der Festung Europa und bleibt dabei nahe an den Menschen zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Die Suche nach Glück, Liebe und Heimat verbindet sie, die unterschiedlichen Erfahrungen trennen. Der unerschütterliche Optimismus Oumars steht am Beginn, am Ende die Einsamkeit Zakaris. Worauf Voigt mit seinem Film hinaus will, bleibt jedoch unklar. Die Illegalität ist nicht zu generalisieren, wie es der Titel impliziert. Edita ist nicht unsichtbar in Europa. Auch Malika nicht, die mit ihrer Familie ein Restaurant in Warschau eröffnet. Die Fragestellung des Regisseurs bleibt verborgen, die Porträts bleiben fünf halb erzählte Geschichten.
Mit dem verzweifelten Zakari, dessen Asylantrag abgelehnt wird, und Prince, der bei seiner Rückkehr in die Heimat von einer überglücklichen Familie empfangen wird, drängt Voigt den Zuschauer außerdem in die Rolle eines Beamten, der über Menschen und ihre Schicksale urteilen soll. Als Regisseur hat er sich das selbst nicht zugemutet.
D 2002-2004, 91 min
Verleih: Basis
Genre: Dokumentation, Schicksal
Regie: Andreas Voigt
Kinostart: 24.03.05
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.