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Jadup und Boel

Seit vielen Jahren wirkt Genosse Jadup im altmärkischen Städtchen Wickenhausen als respektabler Bürgermeister. Ausgerechnet bei der Einweihung der neuen Kaufhalle bricht ein nebenstehendes Haus zusammen und fördert vergessen Geglaubtes an den Tag: In den Trümmern findet sich das Notizbuch, das Jadup unmittelbar nach dem Krieg seiner Freundin Boel geschenkt hat. Die Aufzeichnungen konfrontieren Jadup mit seinen jugendlichen Sehnsüchten, vor allem aber mit der lange verdrängten und niemals aufgeklärten Vergewaltigung Boels. Jadup war damals außerstande, vorbehaltlos für Boel Partei zu ergreifen. Das Mädchen verließ wenig später die Stadt und wurde dort nie wieder gesehen. Bürgermeister Jadup erinnert sich nun an sein Versagen. Ein unbewältigtes Kapitel der Vergangenheit wird für ihn zum Anlass, die Gegenwart kritisch zu hinterfragen. In seinem eigenen Sohn und in dessen Zweifeln erkennt er sich selbst als jungen Mann wieder. Eine vorsichtige Annäherung der Generationen beginnt sich abzuzeichnen. Rainer Simons Porträt einer erstarrten Gesellschaft pendelt zwischen Ironie und Melancholie. Der Mikrokosmos einer Kleinstadt liefert ihm das ideale Modell dazu: Hier sind die personellen Konstellationen überschaubar und gut eingespielt.Aber durch einen unerwarteten Impuls geraten sie plötzlich in Bewegung. JADUP UND BOEL war der letzte Spielfilm der DEFA-Geschichte, der nach seiner Fertigstellung verboten wurde. Er zeigt eine in Ritualen erstarrte, provinzielle Gesellschaft, die mit ihrer Geschichte nicht umzugehen vermag.

DDR 1981/88, 100 min
Verleih: Progress

Genre: Drama

Darsteller: Kurt Böwe, Katrin Knappe, Gudrun Ritter, Käthe Reichel, Franciszek Pieczka

Stab:
Regie: Rainer Simon
Drehbuch: Rainer Simon
Kamera: Roland Dressel