Nein, es ist nicht schön, daß die Japaner Wale fangen, um sie zu Sushi zu verarbeiten. Und ja, es ist gut, daß es Menschen gibt, die die Wale schützen wollen. Und Filme soll man auch über diese Menschen drehen, auf daß die Welt Kenntnis nehme, Position beziehe, Unmut (über die japanische Walfangflotte) und Sympathie (für, in diesem Falle, Greenpeace) artikuliere.
Alles richtig. In diesem „alles richtig“ aber piekst, etwa beim Ansehen von JAGDZEIT, zumindest den kritischen und objektiven Zuschauer (und den kritischen und objektiven Filmkritiker) ein Stachel des dezenten Unbehagens.
In JAGDZEIT begibt sich ein Kamerateam an Bord der „Esperanza“, um die Fahrt des Greenpeace-Schiffes ins Südpolarmeer zu dokumentieren. Es gilt, der japanischen Walfangflotte das Schlachten der Meeressäuger mit einschlägigen Aktionen zu erschweren, Wale vorm Harpunieren zu retten, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, bestenfalls zu mobilisieren. Ein Unterfangen des reinen Idealismus’, nicht ohne Risiko für Leib und Leben beim tollkühnen Manövrieren in Schlauchbooten vor den Stahlrümpfen der Walfangschiffe.
JAGDZEIT fächert das als Gruppenporträt auf. Idealisten mit Eisbergen sozusagen. Das ist sympathisch, das ist schön fotografiert. Und spannend ist das auch, wenn das Suchen nach der Walfangflotte zum Kampf gegen die Zeit wird und die Konfrontation endlich eintrifft. Ganz klar: An den Männern und Frauen auf der „Esperanza“ liegt es nicht – weshalb also piekt der Stachel?
Zum Beispiel deshalb: Am Anfang des Filmes werden Walfänger bei einem religiösen Ritual gezeigt, in dem die Seelen der getöteten Meeressäuger besänftigt werden sollen. Dieses Motiv kultureller Mentalität und traditionellen Selbstverständnisses setzt sich in Folge in Kontrast zu Bildern des Wale-Schlachtens, blutroter Meereswellen, kurz: zur Tierquälerei. Im Kontext sind die betenden Walfänger da nicht mehr als ein Haufen abgeschmackter Japaner, die ihre Barbarei religiös motivieren.
Das nun zeugt von der Arroganz des Diskreditierens einer Lebens- und Empfindungswelt, über die der aufgeklärte Westler – und dieser Film – sich wohlfeil erheben. Gerade für einen durchaus gelungenen Dokumentarfilm wie JAGDZEIT ein Armutszeugnis. Allerdings eines, das sich einfügt in eine Tendenz aktueller Dokumentationen, die, im Namen des Idealismus’, sich gerne auch mal diskreditierender Suggestionen bedienen.
D 2009, 88 min
Verleih: Leykauf
Genre: Dokumentation
Regie: Angela Graas
Kinostart: 11.02.10
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.