Originaltitel: JANE EYRE
GB 2011, 120 min
FSK 12
Verleih: Tobis
Genre: Literaturverfilmung, Drama, Liebe
Darsteller: Mia Wasikowska, Michael Fassbender, Judi Dench, Sally Hawkins, Jamie Bell
Regie: Cary Fukunaga
Kinostart: 01.12.11
Ja, Jane Eyre. Das von seiner Tante und ihrer Brut gequälte Waisenmädchen, unansehnlich noch dazu. Gen Internat verfrachtet, dort den Tod kennenlernend. Später dann Gouvernante in einem edlen Herrenhaus, wo heftige Liebe zum ebenfalls nicht sehr attraktiven Eigner Mr. Rochester erblüht und potentielles Glück lockt, würde das alte Gemäuer nicht ein dunkles Geheimnis bergen. Eine Story, 1847 veröffentlicht von Charlotte Brontë als Mischung aus feministischem Manifest und den romantischen Träumen einer familiär schwer geprüften, erst im – für damalige Verhältnisse – biblischen Alter (Ende 30!) verheirateten und kurz darauf verstorbenen, insgesamt wohl weitgehend unglücklichen Frau. Und mittlerweile ein Klassiker.
Zwar soll hier nun keine Rezension des Romans erfolgen; dennoch muß man der grundsätzlich positiv eingestellten Autorin Mary Hottinger zustimmen, wenn sie schrieb, daß „ ... ,Jane Eyre‘ nicht auf Grund seiner Handlung bestehen könnte“ und vermerkt: „Unserer Leichtgläubigkeit wird viel zugemutet.“ Und diese x-te Verfilmung soll über 160 Jahre später noch funktionieren, zumal im Kino? Sie tut es. Weil Regie und Buch den Mut zur radikalen Kürzung aufbrachten.
Viele Figuren fielen gleich komplett weg, die Auftritte der Damen Fairfax und Reed wurden stark beschränkt (was leider auf Kosten von Judi Dench und Sally Hawkins ging, wobei sie andererseits selbst in ihren wenigen Szenen gewohnte darstellerische Klasse zeigen), und selbstredend fanden auch im Dialog Straffungen statt. Brontës häufig schon selbstverliebte Schwülstigkeit wich knackigen Wortgefechten, welche dennoch im Geist der Vorlage stehen, während sich die im Buch oft thematisierte Häßlichkeit der Protagonisten hier auf fehlendes Make-up oder fiese Coiffeurskunst beschränkt. Schon hört man da den Puristen-Chor Gift und Galle schreien. Aber er vergißt zweierlei: Erstens eliminiert solche Essenz nur Überflüssigkeiten und trifft stets den Kern dessen, was Brontë weitaus langatmiger formulierte. Und zweitens verdient primär Kameramann Adriano Goldman jeden Respekt – seine eindringlichen, bezwingend schwermütigen Bilder illustrieren ohne Mätzchen den emotionalen Horror, die Kälte und Düsternis von Janes Welt.
Man betrete also offenen Geistes und frohen Mutes das Lichtspielhaus, um zu sehen, was nichts weniger als „bestmögliche Verfilmung“ genannt werden darf.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...