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Janis: Little Girl Blue

Ode an die Unvergessene

Und es begab sich aber zu einer Zeit, da selbst im Reich der früh Gegangenen ein Wachwechsel stattfinden mußte. Die toten Rock’n’Roller oder Schauspieler, die man zitierend wachrief, hießen nicht mehr nur Janis Joplin, Jimi Hendrix, Jim Morrison und James Dean, sie bekamen die Namen von Jeff Buckley, Vic Chesnutt, Chris Whitley, Amy Winehouse und Frank Giering. Das Vor-der-Zeit-Gehen hatte noch nie spezielle Generationen im Blick oder setzte plötzlich aus. Es war, ist und bleibt hartnäckiger wie schmerzvoller Begleiter des Alltäglichen.

Mit AMY und JANIS: LITTLE GIRL BLUE sind innerhalb überschaubarer Zeit zwei porträtierende Dok-Filme im Kino zu sehen, die das Erinnern an zwei Prominente der Listen mit „Missing Persons“ wachrufen. Sie waren außergewöhnliche Frauen und Sängerinnen mit kaputten Stimmen und kaputten Leben. Zwei, bei denen die Vornamen genügen, um zu wissen, wer dahinter steht: Amy Winehouse und Janis Joplin. Sie wurden beide 27. Manchmal klingt es so und sieht so aus, als hätten sie sich gar gekannt.

Regisseurin Amy Berg verzichtet in JANIS: LITTLE GIRL BLUE auf jegliches Experiment in Form wie Inhalt. Sie interessieren nicht grelle Enthüllung und ultimativer Erkenntnisgewinn für den Zuschauer, vielmehr geht es ihr um neue oder neu entdeckte Nähe. Letztlich ist es ein entscheidender Umstand, der diese Nähe möglich macht: Janis Joplin selbst. Denn immer dann, wenn sie auf der Leinwand zu sehen und zu hören ist, wenn sie singt, spricht, als Häufchen Elend im Backstage-Sektor kauert oder privat wie ein kleines Mädchen herumalbert, braucht es keine Kommentare. Und wenn, dann gibt es Ausschnitte aus Briefen und Karten, die Janis geschrieben hat, und die von Chan Marshall alias Cat Power, selbst ja begnadete Singer/Songwriterin, auf behutsame, zwingende Weise vorgelesen werden. Einige davon sehr intim und noch nie öffentlich gemacht.

„Wir nannten uns The Waller Creek Boys. Und Janis wurde einer der Boys“, sagt Powell St. John als einer der interviewten Menschen im Film über jene Texas-Band, die für die noch unbekannte 19jährige erste künstlerische Heimat wurde. Mit ihr begann auch das Leiden, denn Janis wurde bald zum „häßlichsten Mann“ gewählt. Acht Jahre sollte es ab hier noch gehen für sie. Acht Jahre Blues und Rock, Ekstase und Einsamkeit, Seele und Sehnen, Verruchtes und Verrauchtes, Hits und Hops, Quirl und Qual.

Originaltitel: JANIS: LITTLE GIRL BLUE

USA 2015, 107 min
FSK 0
Verleih: Arsenal

Genre: Dokumentation, Biographie, Musik

Regie: Amy Berg

Kinostart: 14.01.16

[ Andreas Körner ]