Originaltitel: JOAN BAEZ – I AM A NOISE

USA 2023, 118 min
FSK 12
Verleih: Alamode

Genre: Dokumentation, Biographie

Regie: Karen O’Connor, Mira Navasky, Maeve O’Boyle

Kinostart: 28.12.23

2 Bewertungen

Joan Baez – I Am A Noise

Die Garage eines Lebens

Dieser Film ist eine angenehme Überraschung. Nur unter Vorbehalt breitet sich gemeinhin Freude aus, wird die nächste porträtierende Künstlerdoku fürs Kino angekündigt. Doch inzwischen häufen sich wirklich gute, immer noch angeführt von SEARCHING FOR SUGARMAN über den jüngst verstorbenen Sixto Rodriguez, zwei grandiosen Stücken über Leonard Cohen, einem fokussierten über Aretha Franklin – und WENZEL war ja so schlecht auch nicht. JOAN BAEZ – I AM A NOISE aber fügt dem Kanon eine beeindruckende Strophe hinzu.

Denn es geht wirklich um Joan Baez, nicht allein um die ikonische Folk-Sängerin, nicht nur um Songs und gar nicht um huldigende „Talking Heads“ drumherum. Baez, inzwischen 82jährig, öffnet ihre Seele, entwickelte zu drei erfahrenen Dokfilmfrauen ein immenses Maß Vertrauen, so daß dieser Film werden konnte, wie er ist: Horizonte eröffnend, Substanz verbreitend, klug, zart und hart, erst in zweiter Instanz eine enorme Fleißarbeit beim Sichten von Archiven.

Karen O’Connor, Mira Navasky und Maeve O’Boyle durften über Jahre hinweg ins Baez-Universum hinein. O’Connor bekam als langjährige treue Freundin den Schlüssel dazu, und gemeinsam geht es immer wieder in die Garage eines privaten Lebens, in der Baez wahrscheinlich alles aufgehoben hat, was sie wachsen ließ. Fotos und Filme, Bänder, ja! Aber eben auch handgeschriebene und eingelesene Briefe von unterwegs, Tagebücher, eigene Zeichnungen, kistenweise Kassetten voller Therapiemitschnitte. Baez wird greifbar in Glück und Schmerz, Familie und Dämonen, Bilanz, Isolation und Aktion. Selbst wer sie zu kennen glaubte, wird sie jetzt erst kennenlernen.

[ Andreas Körner ]