In Nanking, 1937 noch Hauptstadt Chinas, hat der gebürtige Hamburger John Rabe nahezu 30 Jahre seines Lebens verbracht und die dortige Siemensniederlassung, ein Werk mit hunderten Angestellten, geleitet. Nun sind die deutschen Interessen andere. Rabe soll zurück nach Berlin gehen und von seinem Lebenswerk und dem Land Abschied nehmen. Die Möglichkeit zu bleiben wird auch durch das Näherrücken des Japanisch-Chinesischen Krieges immer unwahrscheinlicher. Shanghai ist gefallen, und am Abend der festlichen Verabschiedung John Rabes wird Nanking von den Fliegern der feindlichen Armee bombardiert.
In der darauf folgenden Panik sammeln sich die Arbeiter des Werkes mit ihren Familien schutzsuchend vor dem Eingang des Firmengeländes. Rabe läßt das Tor öffnen und fällt damit eine wichtige Entscheidung. Am nächsten Tag beschließen die in der Stadt verbliebenen Ausländer die Errichtung einer Sicherheitszone für Zivilisten. John Rabe, Deutscher und zudem Mitglied der NSDAP, soll als Verbündeter der Japaner auftreten und den Vorsitz des Komitees übernehmen. Keiner der Beteiligten ahnt, daß dem Einzug der japanischen Truppen unfaßbare Erlebnisse folgen werden, die als Massaker von Nanking in die Geschichte eingehen sollten.
Mit dem subtil erzählenden Kurzfilm QUIERO SER gewann Florian Gallenberger 2001 den OSCAR, mit dem schon opulent ausgestatteten SCHATTEN DER ZEIT (2005) legte er sein Spielfilmdebüt vor, und mit JOHN RABE ist nun bewiesen, daß er beim hochbudgetierten Kino angekommen ist. Er erzählt eine bewegende Heldengeschichte, die auf wahren Begebenheiten und den Erlebnissen der historisch realen Person des John Rabe beruht. Über 130 Minuten gelingt es ihm dabei, die Spannung zu halten, wenngleich manche Nebengeschichte zu weit von der Kernhandlung wegführt. Vor allem visuell und auditiv aber ist sein Film in jenem Stil gehalten, der ein breites Publikum finden und beeindrucken soll. So hat das irritierende Bild einer überdimensionierten Hakenkreuzfahne, die als Schutzschild aufgespannt wird, hier Ausnahmecharakter, wo die effektreiche Illustration der Geschehnisse eindeutig auszumachendes Ziel der Darstellung ist.
Das ist über weite Strecken vor allem schockierend und schwer zu ertragen. Allen Anstrengungen zum Trotz droht es zuweilen aber auch, den Helden und seine Geschichte aus dem Blick zu verlieren. Nämlich dann, wenn die Künstlichkeit des Bildes, begleitet von hyperrealem Sound, die Szene beherrscht.
D/F/China 2009, 130 min
FSK 12
Verleih: Majestic
Genre: Historie, Drama, Kriegsfilm
Darsteller: Ulrich Tukur, Daniel Brühl, Steve Buscemi
Regie: Florian Gallenberger
Kinostart: 02.04.09
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.