Originaltitel: JULIAN SCHNABEL: A PRIVATE PORTRAIT
I 2017, 85 min
FSK 0
Verleih: Weltkino
Genre: Dokumentation, Biographie
Regie: Pappi Corsicato
Kinostart: 11.01.18
Julian Schnabel ist eine Naturgewalt. Der New Yorker gehört zu den bekanntesten zeitgenössischen Malern; mit legendären Extravaganzen und großem Talent reiht er sich ein zwischen Andy Warhol, Jeff Koons und Jean-Michel Basquiat, ist mit Lou Reed, Al Pacino und Willem Dafoe befreundet und in seinem künstlerischen Schaffen immer für eine überraschende Entwicklung gut. Seit den 90er Jahren hat er auch die Kinoleinwand für sich entdeckt und mit Filmen wie BASQUIAT, SCHMETTERLING UND TAUCHERGLOCKE und zuletzt MIRAL eindrucksvolle Werke geschaffen, die gegen alle Konventionen ihre Geschichten auf die Leinwand bringen. Konventionen spielen ohnehin so gut wie keine Rolle in seinem Leben.
Dem italienischen Regisseur Pappi Corsicato ist es gelungen, diese Tatsache zur Basis seines Porträts zu machen, sie aber in keiner Weise zu skandalisieren. In seinem tatsächlich sehr privaten Porträt wird deutlich, daß Schnabel wirklich „Larger Than Life“ ist und es ihm nicht um Provokation geht, sondern einfach darum, seinem Gefühl zu folgen. Im Mittelpunkt des Films steht immer der Mensch, der nicht nur Künstler, sondern auch Surfer, Vater, Koch, Regisseur, Liebender, Sohn, Bruder und Musikliebhaber ist. Alles, was es über seine Werke zu wissen gibt, erklärt sich hier aus der privaten, emotionalen Perspektive.
Diesen Fokus kann man als Kunstkenner als zu eingeschränkt wahrnehmen, weil Schnabels Werk und seine kunstgeschichtliche Kontextualisierung relativ gesehen ziemlich kurz kommen. Für all diejenigen, die Julian Schnabel noch entdecken wollen, ist dieser Film ein wunderbarer Einstieg, weil er so richtig Lust macht, sich selbst ein Bild zu machen von seinen großformatigen Arbeiten und den vier preisgekrönten Filmen, die der 66jährige bis heute vollendet hat. Julian Schnabel ist ein Mensch, dem es mit seiner an Arroganz grenzenden Kompromißlosigkeit gelungen zu sein scheint, im Kunstzirkus erfolgreich zu sein, ohne sich dabei verbiegen zu müssen.
Dieser Film schafft es in weiten Teilen, Schnabel zu glorifizieren, unterschlägt aber an keiner Stelle, daß er durch große Bewunderung getragen wird. Diese angemessene Balance lädt dazu ein, sich Julian Schnabels Universum zu erschließen.
[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.