Noch keine Bewertung

Junimond

Makellos in Paderborn: Stadt räumen Seele auf

Manch Metropolen-Verdrossener wird aufatmen, denn es hat Hanno Hackfort und sein Kinodebüt ins nordrhein-westfälische Paderborn verschlagen. Doch jenseits geographischer Besonderheiten geht es hier vor allem um besondere Seelenlagen. Paul, aus Berlin geflüchtet, wird von Erinnerungen an die Zeit als Soldat im Kosovo gequält. Sein bester Freund nahm sich dort das Leben. Therapeutin Nele versucht, den ihr anvertrauten Kindern zu helfen und braucht doch selbst Hilfe. Die Mutter ist Alkoholikerin, die Beziehung der Eltern zerbrochen.

Wo sich zwei Traumatisierte lieben lernen sollen, gilt es Entfernungen zu überwinden. Paul ist ins gegenüberliegende Haus gezogen, man hält sich hinter den Fensterscheiben Zettel entgegen und trifft sich schließlich. Die seelische Distanz ist größer: Nur zögernd geben die beiden ihr Inneres preis und finden erst über die Freundschaft zur Liebe.

In Titel und Melancholie inspiriert von Rio Reisers gleichnamigem Lied, hat Hackforts Kleinstadt-Drama jedoch leider gar nichts von dem, was der Beinahe-König von Deutschland sich noch in seinen gefühlvollsten Balladen bewahrte: ein kleines bißchen Punk. Ikeas Gretchenfrage für die moderne Existenz wird zur Crux dieses Films: Statt emotional mit den Figuren zu leben, sieht man sie wohnen. Die Seelen, die sich in diesen mal bemüht improvisiert, mal gewählt ausgestatteten urbanen Höhlen spiegeln, sind sehr viel glatter, als ihre Verletzungen vermuten lassen, vor allem aber sind sie letztlich ebenso aufgeräumt. Und obwohl diese irgendwo zwischen Herz, Verstand und Magen beheimateten Gebilde immerzu erlesene Nahrung bekommen, gibt es hier nirgends Krümel. Paul, Amateur-Organist und befaßt mit einem mysteriösen IT-Beruf, kocht - italienisch und sauber!

In meist diffus düsteren Bildern führt ein gemächlicher Erzählstrudel, aufgewirbelt von ambitionierter gestalteten Szenen, die Protagonisten zum tragischen Finale, das dann tatsächlich viel Traurigkeit verbreitet. Aber auch das geht vorbei, bye, bye.

D 2001, 88 min
Verleih: Stardust

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Laura Tonke, Oliver Mommsen

Stab:
Regie: Hanno Hackfort
Drehbuch: Hanno Hackfort

Kinostart: 18.09.03

[ Sylvia Görke ]