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Junta

Beziehung als Überlebenskampf

Buenos Aires, eingefangen in stummen Bildern und so unerreichbar wie in einer Schneekugel. Die Stadt wirkt wie betäubt. Weil der Film mehr weiß, als ein Blick auf die Oberfläche des Alltags preisgibt. Im Gegenzug wird die unsichtbare Wirklichkeit mit der Handkamera glaubwürdig und nahe in finsteren Verließen installiert. Hinter Garagentoren, getarnt als Autowerkstatt, befinden sich die geheimen Verhör- und Folterzentren des argentinischen Militärregimes der 70er Jahre. Reale Tore zur Hölle, die niemand sehen darf. Die Welt hinter Augenbinden. Die ständige Radiobeschallung, das Klimpern der Fußketten, das eiserne Zuschlagen der Türen und das Klacken von Tischtennisbällen. Der Regisseur Marco Bechis hat diese Geräuschkulisse als junger Mann erlebt und überlebt. Er entkam dem Schicksal eines der Verschwundenen, "Desaparecidos", deren Zahl heute auf 30.000 geschätzt wird. Ihre Spuren verlieren sich über dem Ozean.

Aber der Film ist kein Bericht über Foltermethoden. Er erzählt eine Geschichte, die die Logik eines etablierten gesellschaftlichen Ausnahmezustandes einfängt. Protagonisten: die 18jährige Maria, die sich als Lehrerin in den Slums und als Oppositionelle engagiert. Eines Tages wird sie von der Militärpolizei verhaftet und verschleppt. Und Felix, ein geschniegelter junger Mann, der als Untermieter bei Marias französischer Mutter Diane wohnt und in Maria verliebt ist. Beruf Verhörspezialist. "Draußen wären wir nicht zusammen", sagt er später zu ihr, im Gefängnis, wo sie sich wiederbegegnen. Während Diane verzweifelt nach ihrer Tochter sucht, nur um selbst zu verschwinden, begibt Maria sich in eine emotionale Abhängigkeit zu ihrem Peiniger. Eine Beziehung ohne Wahl, denn Felix ist ihre einzige Chance zu überleben. Und doch eine persönliche Ebene, so persönlich sie nur sein kann innerhalb des geschlossenen Systems aus Unterdrückung und Eigennutz, schwarz-weiß auf die Überwachungsmonitore gebannt. Hier können Zwei im wahrsten Sinne des Wortes nicht aus ihrer Haut.

Daß wir nur gerade das Nötigste über die Figuren und den Verlauf der Geschichte erfahren, macht da nicht viel. Maria, die schöne Subversive, und Felix, der Opportunist ohne Vergangenheit. Beide sind am Ende nicht mehr wert als die Sammlung von Uhren, die Felix in einem Koffer säuberlich aufbewahrt. Es sind vor allem solche eindringlichen Bilder und Momentaufnahmen, die sich einprägen und die Normalität des Horrors anzeigen.

Originaltitel: GARAGE OLIMPO

Argentinien/I 1999, 98 min
Verleih: Flax Film

Genre: Drama, Liebe, Polit

Darsteller: Antonella Costa, Carlos Echeverría, Dominique Sanda

Regie: Marco Bechis

Kinostart: 30.10.03

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...