Originaltitel: CAPITALISM: A LOVE STORY

USA 2009, 127 min
FSK 6
Verleih: Concorde

Genre: Dokumentation, Polit

Stab:
Regie: Michael Moore
Drehbuch: Michael Moore

Kinostart: 12.11.09

4 Bewertungen

Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte

Michael Moore: Eine Dokumentarromanze

Wacht auf, Verderber dieser Erde! Hat Euch der dicke Mann aus Michigan durch sein Megaphon noch nicht laut genug den Marsch geblasen? Hat der bunte Hund des Dokumentarfilms noch nicht fest genug zugebissen? Nein, die Mächtigen sind nicht besser geworden, seit Michael Moore ihnen seine Botschaften in die soziale Kälte vor ihren gepflegten Entrees pinkelt. Und das nimmt die von Preisen und Aufmerksamkeit verwöhnte Diva der investigativen Dokumentarsatire wirklich übel ...

Nach den „kleinen Brötchen“ – eine pervertierte Arbeitswelt, das US-amerikanische Gesundheitswesen, die Angst als politisches Prinzip – schneidet er jetzt den Kuchen an: Ein System, das sich von den Fesseln der gesellschaftlichen Verantwortung befreit hat, um auf den Märkten so richtig frei zu sein. In gewissen Kreisen, das führt Moore vor, ist man so frei, einem „privatisierten“, das heißt gewinnorientierten Jugendstrafgefängnis, die „Kundschaft“ mit gerichtlicher Willkür zuzuführen. Landesweit nehmen sich Unternehmen die Freiheit, auf ihre Mitarbeiter Lebensversicherungen abzuschließen, die sich im günstigsten, also im Todesfall als Gewinn realisieren. An der Börse wettet(e) man auf das Wohneigentum kleiner Leute und ließ sich dann das Pech im Spiel durch die „demokratischen“ Vertreter der Geprellten versilbern.

Alte und neue Skandale, jeder für sich einen wütenden Film wert. Und sie sollten manchem ach so informierten Journalisten die Schamesröte ins Gesicht treiben. Fröhlich räumt man für den – zugegeben – versierten US-Polemiker das weite politische Feld, um „Finanzpakete“ so weit aufzuknippern, bis man sieht, wer Schleifchen bindet, und wer seine blanken Knochen auf die Knoten hält. Nicht zuletzt überläßt man ihm damit auch die Wahl der Waffen: Launige Ton-Bild-Montagen im Dienste der Pointe, vorgeblich naive Fragen, die stets brillant getimt in die „passenden“ Antworten münden, waghalsige historische Vergleiche, die bei genauerem Hinsehen ächzen und krachen.

Dennoch: Die vielen Feinde haben Moore nicht nur viel Ehr’ eingebracht, sondern auch die romantische Liebe des Publikums zu „einem von uns“ – nur eben, daß der von Paramount finanziert wird und nie den Humor verliert. Sie etwa, Verderber dieser Erde?

[ Sylvia Görke ]