Nach Pippi Langstrumpf wird nun auch mit dem weltbesten Propeller-Mann Karlsson als Trickfigur im Kino debütiert. Karlsson, der zuerst unüberlesbar zu den kindlich anarchischen Heldenfiguren Astrid Lindgrens gehört, mißt kaum einen Meter und ist von seinem Wesen her Kind geblieben. Neben Streitlust und ungebändigter Gier nach Süßem und anderen Leckereien, hat ihm die Autorin vor allem Ungehorsamkeit, eine gehörige Portion Egoismus und grenzenlose Angeberei auf den Leib geschrieben - Karlsson ist eine Katastrophe, ein Alptraum nicht nur für Pädagogen. Begeisterung weckte er dennoch.
In Lindgrens Geschichte ist es der kleine Stockholmer Junge Lillebror, der staunend die Flugkünste des Karlsson verfolgt, die dieser mittels eines kleinen Propellers am Rücken vollführt. Daß schon die ersten Begegnungen mit dem seltsamen Rotschopf allerhand Ärger verursachen, stört Lillebror wenig, denn er fühlt sich einsam. Während seine Familie glaubt, Karlsson sei nur ein Hirngespinst, begibt sich der Junge mit dem neuen Freund auf ausgedehnte Touren über die Dächer der Stadt. Als Fräulein Bock und Onkel Julius, die Lillebror in den Ferien behüten, schließlich feststellen, daß es das imaginäre Flugobjekt wirklich gibt, sind die beiden Freunde bereits in ein Abenteuer mit zwei Einbrechern verstrickt ...
Daß Astrid Lindgrens Bedenken hinsichtlich einer Trickfilmfassung ihrer Figuren nicht ganz unbegründet waren, stellt KARLSSON VOM DACH, die Arbeit der norwegischen Regisseurin Vibeke Osd¿e, neuerlich unter Beweis. In warme Farbigkeit werden die kleinen Zuschauer getaucht und in allzu stille Straßen geschickt. Das Ambiente ist nüchtern, läßt eine verspielte Note vermissen, und die Schlichtheit der Zeichnung will nicht so recht zum quirligen Karlsson passen. Die Animation ist geradlinig, und die legendären Streiche laufen so geregelt ab, daß sie am Ende gar keine mehr sind.
Auch wenn die deutsche Fassung mit der Stimme Jürgen Vogels, der dem Karlsson wenigstens akustisch Flügel verleiht, glänzen kann - von der Vitalität und dem anarchischen Humor der Bücher ist dem allzu braven Trickfilm sehr wenig geblieben.
Originaltitel: Karlsson pŒ taket
S/Norwegen 2002, 76 min
Verleih: MFA
Genre: Literaturverfilmung, Kinderfilm, Zeichentrick
Regie: Vibeke Ids¿e
Kinostart: 20.02.03
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.