Österreich 2019, 93 min
FSK 12
Verleih: Camino
Genre: Klamotte
Darsteller: Margarita Breitkreiz, Daria Nosik, Georg Friedrich, Simon Schwarz
Regie: Elena Tikhonova
Kinostart: 04.07.19
„Es muß nicht immer Kaviar sein“, sinnierte 1960 Johannes Mario Simmel. Unverändert wahre Worte, welche der Rezensent sogleich vorliegendem Komödchen aufstempeln möchte, obwohl die Chose Hoffnung weckend beginnt – ein fliehender nackter Mann mit Leninmaske wird vom Hochsitz aus beschossen, dazu dient unter anderem ein Raketenwerfer. Beim Schützen handelt sich’s um Igor, russischer Oligarch, beheimatet in Wien.
Auftritt Nadja, seine quasi versklavte Dolmetscherin, gezwungenermaßen intime Kennerin Igors illegaler Aktivitäten. Zaster regnet wie Konfetti, momentane Wahnsinnsidee: direkt auf der Schwedenbrücke eine Zwiebeltürmchen-Villa bauen lassen. Das braucht, klar, Unmengen an Schmiergeld, und Nadja reicht es! Assistiert von Freundin Vera sowie Babysitterin Teresa schmiedet sie Pläne, die Kohle umzuleiten …
Nach vielleicht sieben guten anfänglichen Minuten fällt Regisseurin Elena Tikhonova schon nix mehr ein außer fußlahmer Klischees, identifikationstaugliche Figuren zu zeichnen versucht sie gar nicht erst. Weswegen sämtliche relevanten Männer eben auf verschiedentliche Art schlaffe Unsympathen mimen, und die spontan kriminelle Energie entwickelnde Damenschaft aus zum Geschrei neigenden Furien besteht, Statistinnen fügen Oberweiten hinzu. Darauf einen Wodka (oder zwei oder drei oder ganz viele, Vera säuft dann gegen Kater gern Gurkenbrühe, Osteuropäer halt)!
Weil irgendwann erwartungskonform jede(r) jede(n) bescheißt, spielen noch zwei Toilettenhäuschen Marke Autobahnrastplatz dufte Rollen, und Tikhonova fährt voller schenkelklopfender Launigkeit „die stärkste Waffe einer Frau” auf – einen Staubsauger. Da wehen nicht nur Schwaden mittelalterlichen Stallgeruchs über den Stammtisch Eckkneipe Taborstaße. In unseren modernen Zeiten, wo man bei Tisch ordnungsgemäß gendernd um Salz- und Pfefferstreuer*innen bittet, um sie anschließend politisch korrekt einem fleischfressenden Raucher an den Schädel zu knallen, scheint es auch geradezu fatal. Beziehungsweise masochistisch.
Eine Devianz, ebenfalls den Besuchern des 40. Max Ophüls Filmfestivals zu bescheinigen: Dort bekam KAVIAR in der Kategorie „Bester Langfilm“ den Publikumspreis verliehen. Ernsthaft jetzt?! Dafür reichen heutzutage aufgereihte billige Vorurteile, allerhand entblößte Körper und großzügig im Schritt versprühtes Schuhpflegespray? Wir haben ein verdammtes Problem.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...