Die Geschichte beruht auf authentischen Ereignissen: Ga Yu, ein junger Journalist aus Peking, kommt Mitte der 90er Jahre in das größte unbewohnte Gebiet Chinas, nach Kekexili. Dort, auf dem Quingzang-Plateau, dem Dach der Welt, droht die Tibetische Antilope auszusterben. Wilderer haben den Bestand im letzten natürlichen Reservat bereits auf 10.000 Tiere dezimiert - von vormals einer Million. Ga Yu, willens eine Reportage zu schreiben, schließt sich einer Gruppe Tibeter unter Führung des charismatischen Ri Tai an, die den Kampf gegen die Wilderer aufgenommen hat.
Daß dies ein Kampf auf Leben und Tod ist, erfährt Ga Yu schon bei seiner Ankunft. Einer der Männer Ri Tais, erschossen von den Wilderern, wird gerade bestattet. Als sie kurze Zeit später zu einer neuen Expedition aufbrechen, um die Mörder zu finden, entdecken die Naturschützer ein weiteres Massaker an zahllosen Tieren. Schlecht ausgerüstet und nur unzureichend bewaffnet, nehmen sie die Verfolgung des brutalen Gegners auf. Die größere Gefahr aber, der sie sich aussetzen müssen, geht von der riesigen menschenleeren Gegend, durch die ihr Weg führt, aus. Die Vegetation ist karg, die Höhenluft dünn, Schlammlöcher und Treibsand machen aus kleinen Fehlern tödliche, und mit dem hereinbrechenden Winter kommen eisige Schneestürme É
Wie Ning Hao (MONGOLIAN PING PONG) gehört auch Lu Chuan - KEKEXILI ist seine zweite Regiearbeit - zu einer neuen Generation chinesischer Filmemacher. Auch Lu Chuan, der das chinesisch-tibetische Problem bewußt im Hintergrund der Geschichte beläßt, gelingt der Spagat zwischen dem offiziellen chinesischen Kino, zensiert von der staatlichen Filmwirtschaft, und illegalen Untergrund-Produktionen. Im Vordergrund seines Filmes stehen die Problematik des Naturschutzes und - in seinem Kontext - der höchst spannend erzählte gnadenlose Überlebenskampf der Protagonisten.
Dramaturgische Authentizität erlangt Lu Chuan, der hier fast ausschließlich mit Laien arbeitet, durch die Reportageform. Seine Geschichte, ein großartig gefilmtes Breitwandepos, geht auch inhaltlich über klassische Konstellationen hinaus. So zeigt der Film, weit ab von Schwarzweiß-Malerei, tibetische Bauern, die sich ihren Lebensunterhalt nur noch als Handlanger der Wilderer verdienen können. Darin findet sich letztlich ein neuerlicher Verweis auf die zerstörerische Wirkung globaler Absatzmärkte.
Originaltitel: KEKEXILI
China/HK 2004, 95 min
Verleih: TelePaten
Genre: Abenteuer, Drama
Darsteller: Duo Bujie, Zhang Lei, Qi Liang
Regie: Lu Chuan
Kinostart: 05.01.06
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.