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King Ping – Tippen, Tappen, Tödchen

Hard Boiled Krimi als Soft Ball Comedy

Er war so eine Art Wuppertaler Dirty Harry. Kommissar Clemens „King“ Frowein, der Mann, der Rot sah, die Justiz also selbst in die Hand nahm und daraufhin vom Dienst suspendiert wurde. Nun ja, er trägt es mit Fassung: „Wenn das alles nicht passiert wäre, wäre ich heute noch Bulle. Und wer will das schon?“

Absolut berechtigte Frage. Da scheint King, der bullige Ex-Bulle mit der langen Matte, der Abhänger mit dem Durchblick und dem großen Durst, der sich die Zeit unter anderem damit totschlägt, auf seiner Webseite „bullenjagd.de“ Fotos hochzuladen, die Polizisten beim Begehen von Verkehrssünden zeigen, gar nicht so zu hadern mit seinem Schicksal. Vielleicht auch, weil sich sein inneres Gleichgewicht trotz Übergewicht gut bewahren läßt im neuen Job, der ihm angemessener ist, als der des Cops auf den harten Straßen der, na ja, Großstadt. Als Pinguin-Pfleger im Wuppertaler Zoo jedenfalls hat man nicht allzu viel Gelegenheit zur Selbstjustiz, dafür Muse zum Sinnieren. Und King macht gerade dabei eine gute Figur.

Ein deutscher Dude Lebowski mit Übergewicht. Ein Anarcho, Menschen- und Pinguinkenner, dessen Leben zwischen Zoo und Stammkneipe „Biggy Baby“ sanft daherschwankt. Bis ein Ex-Kollege auftaucht, der bald mit gebrochenem Genick am Treppenfuß liegt. Was alle für einen Unfall halten. Nur King nicht. Der glaubt an Mord – und macht sich auf die Jagd. Ein Film-noir-Plot als Kinospinnerei. Ein Panoptikum mit Pinguinen, schwulen Türstehern und Heavy-Metal-Musikern, einer garstigen Pathologin, einem doofen Kommissar und mit schrägem Friseur …

Man könnte das lange fortsetzen, was hier Regisseur Claude Giffel in seinem Kinodebüt an Personal durch die Wuppertaler Puppenstubenanmutung scheucht. Und man könnte auch ohne Probleme so einiges benörgeln an diesem Film – aber irgendwie nimmt dieses Low-Budget-Werk einem den Wind aus den Segeln mit seiner Skurrilität, seiner Liebenswürdigkeit, der spürbaren Freude an schrägen Charakteren, absurden Dialogen und natürlich am guten, alten Detektiv-Genre. Und einer Überdosis Musik.

Songs gibt es hier en masse, nicht jeder taugt was, aber auch das macht irgendwie nichts. Es paßt zu diesem Film, dessen Schwächen vor allem durch eine Stärke aufgehoben werden: Unter den weitgehend in Langeweile normierten deutschen Kinoproduktionen ist er eine wohltuende Abwechslung.

D 2013, 103 min
FSK 12
Verleih: Rex Film

Genre: Krimi, Komödie

Darsteller: Sierk Radzei, Godehard Giese, Bela B. Felsenheimer, Christoph Maria Herbst

Regie: Claude Giffel

Kinostart: 31.10.13

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.