D 2019, 116 min
FSK 12
Verleih: Constantin
Genre: Drama, Poesie
Darsteller: Golo Euler, Aya Irizuki, Felix Eitner, Floriane Daniel, Birgit Minichmayr, Sophie Rogall, Elmar Wepper, Hannelore Elsner
Regie: Doris Dörrie
Kinostart: 07.03.19
In der Kunst und im Leben gehört das Scheitern dazu. Mit Karl, dem jüngsten Sproß der Familie Angermeier, führt Doris Dörrie ihre Kirschblüten in die zweite Runde. Karl ist mittlerweile dem Alkohol verfallen, und die Dämonen des Suffs paaren sich mit denen seiner Vergangenheit. Nun setzt die Regisseurin alles daran, die am Boden liegende Existenz des Karl dramaturgisch, aber auch menschlich wachsen zu lassen. Leider – und nein, hier spricht keinerlei Genugtuung, denn Dörrie gehört fraglos zu den wichtigsten deutschen Regisseurinnen, schon alleine MÄNNER reicht, um sich tief zu verneigen – scheitert der Film dabei auf allen Ebenen.
Die Ursache mag darin liegen, daß Dörrie sich für eine fragmentarische Erzählweise entscheidet, die assoziativ funktionieren soll, aber am Ende nur die eher sporadisch vorhandenen Dialoge herausstreicht. Will man aber, und der Zuschauer erahnt dieses Vorhaben der Regie, den Moment zwischen den Zeilen sprechen lassen, muß es drumherum auch etwas geben.
Da taucht plötzlich Yu auf, die im Vorgängerfilm schon Karls Vater Rudi begleitete. Das Mangamädchen führt Karl zu seinen Wurzeln, sprich sein Allgäuer Elternhaus. Dort trifft bayrische auf japanische Folklore, Neuschwanstein auf Kimono. Die Kamera fängt dazu einen Mix aus digitaler Beiläufigkeitsästhetik und Postkartenidylle ein. Die Geister der toten Eltern erscheinen, Karls Bruder ist mittlerweile wichtiger Funktionär einer rechten Partei, dessen Sohn ein Hikikomori. Er verläßt sein Zimmer nicht mehr und trägt als Protest gegen den Vater ein tätowiertes Hakenkreuz auf der Stirn.
Dabei agieren die auftretenden Protagonisten wie grob geschnitzte Handpuppen, die dem Zuschauer die Funktion ihrer Rolle kurz entgegenrufen, um dann wieder abzutreten: „Nicht aufgearbeitete Vergangenheit!“, „Alles immer unter den Teppich gekehrt!“, „Nazis! AfD! Männlichkeit!“ Dagegen setzt Dörrie Yu, die mit verspielter Schulmädchenuniformromantik das japanische Klischee performt und Karl mit seinen Geistern Freundschaft schließen läßt. Und weil es letzlich irgendeinen Bogen geben muß in jeder Geschichte, reist Karl im pinkfarbenen Kimono seiner toten Mutter nach Japan. Denn Yu entschwand, so wie sie einst erschien. Dazwischen war Karl noch sein Schwanz abgefroren. „Transgender!“, hört man es begeistert kreischen.
Als Lichtblick taucht Yus Großmutter, verkörpert von der großen Kiki Kirin, auf. Die Geister rufen derweil Karl ins Meer.
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...