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Kleine Verbrechen

Sommerliches aus Griechenland

Ein schroffer Felsen im Meer ist dieses Eiland. Die Häuser kleben abenteuerlich am Berghang. Ein bißchen wie in Lummerland. Statt Lukas, der mit seiner Lokomotive die ganze Zeit rundherum fährt, gibt es hier den Polizisten Leonidas, der mit seinem Motorroller dasselbe tut. Und sich dabei langweilt: blauer Himmel, blaues Meer, immerzu. Das mag ein Wunschtraum für Touristen sein, aber nicht für einen ehrgeizigen Ermittler. Und wenn mal kleine Gesetzesübertritte zu ahnden sind, hört keiner auf ihn. Man hält ihn höchstens für ein wenig übergeschnappt. Wen stören schon die zwei Nacktbader unten am Strand, wo weit und breit niemand ist? Und wieso soll man nicht über eine rote Ampel fahren, wenn niemand sonst auf der ganzen Insel unterwegs ist?

Der absurde Humor, der sich aus der vollkommenen Abgeschiedenheit und der Ereignislosigkeit des Ortes speist, erinnert ein wenig an die Ausgangssituation im schwedischen Film KOPS, wo die Polizisten schließlich selbst ein Verbrechen inszenieren, damit ihr Revier nicht geschlossen wird. Hier gibt es immerhin einen wirklichen Zwischenfall. Der alte Zacharias stürzt nachts vom Felsen. Doch natürlich glaubt nur unser sympathischer Inselpolizist mit seinem dauerskeptischen Gesicht an ein Verbrechen und entwickelt immer neue Theorien über den Tathergang. Während der spöttisch beäugten Ermittlungen liegt Zacharias, kühl gelagert, in einer Eistruhe auf einem zentralen Platz, als erwarte er die Verkündung der Aufklärungsergebnisse. Doch stattdessen kommt sie: Angeliki, wunderschöne Fernsehmoderatorin und berühmteste Tochter der Insel. Und was eine Liebesgeschichte erahnen läßt, wird auch eine. Ein bißchen zumindest.

Ein paar skurrile Gestalten, ein wenig Slapstick, etwas Krimi und noch ein Schuß Folklore. Irgendwie wird daraus nichts Ganzes, trotz des vielversprechenden Anfangs. Schade ist es vor allem um den schwarzen Humor, der wie so manche Finte allmählich versickert. Es muß ja nicht gleich so böse wie KLEINE MORDE UNTER FREUNDEN sein, aber etwas mehr Konsequenz hätte nicht geschadet. Immerhin bleibt eine außergewöhnliche Kulisse zu genießen, die übrigens auch die große Leinwand für diesen kleinen Film rechtfertigt.

Selbst wenn er sich nicht unbedingt ins Langzeitgedächtnis einschreiben wird, ist er doch eine schöne Einstimmung auf den Sommer. Wie ein kleiner Ferienaufenthalt.

Originaltitel: MIKRO EGLIMA

Griechenland/D/Zypern 2009, 84 min
FSK 6
Verleih: Neue Visionen

Genre: Komödie, Schräg

Darsteller: Aris Servetalis, Viki Papadopoulou

Regie: Christos Georgiou

Kinostart: 11.06.09

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...