D 2021, 90 min
FSK 0
Verleih: Salzgeber

Genre: Dokumentation

Regie: Serpil Turhan

Kinostart: 19.05.22

1 Bewertung

Köy

Über innere und äußere Zugehörigkeit

Köy bedeutet „ländliche Siedlung“ auf Türkisch. Für die drei Frauen mit kurdischen Wurzeln in Serpil Turhans Dokfilm ist dieses Dorf der Inbegriff von Zugehörigkeit – ein Sehnsuchtsort. Auf unterschiedlichen Wegen sind sie in Berlin gelandet. Hier haben sie Anknüpfungspunkte und Familie gefunden. Nur das Sehnen ist geblieben, denn wie Saniye, die ein Kiezcafé betreibt, es beschreibt, ist ihr die Möglichkeit genommen worden, überhaupt in ihrem Dorf aufzuwachsen. Seit Jahrzehnten schwelt der Kurdenkonflikt, und seitdem Erdogan 2015 den Friedensprozeß mit der PKK für gescheitert erklärte, hat sich die Lage in den kurdischen Gebieten wieder drastisch zugespitzt. In den Medien wird dieser ewig währende Krieg kaum beachtet.

Für die porträtierten Kurdinnen ist Erdogans Repressionspolitik allgegenwärtig, genauso wie die Frage nach der Identität sich von einer Generation in die nächste trägt. Neno, die Oma der Regisseurin und Mutter von 11 Kindern, spricht über schmerzhafte Erlebnisse, die sie als Frau in einem kurdischen Dorf erfuhr. Sie hatte keine Stimme in der früh geschlossenen Ehe. Die Aktivistin Hêvîn wurde dazu erzogen, für ihre Rechte als Frau und Kurdin einzutreten. Jetzt will sie als Schauspielerin ihren Platz an deutschen Theatern finden.

Turhan verharrt nicht in Sentimentalitäten, sie beschwört kein romantisches Heimatbild, sondern befördert eine intensive Auseinandersetzung über Herkunft, Traditionen und die Macht der Politik über das eigene Leben. Damit baut sie, auch mit einer sensibel zugewandten Kameraarbeit, einen geschützten Resonanzraum, in dem ihre Protagonistinnen selbstbestimmt zumindest innere Heimat finden.

[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...