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Kontroll

Wenn Metrofahrten der Gesundheit schaden

Ja, die Dame hat ein bißchen zu viel gebechert. Noch mit der Pulle in den Händen schwankt sie die Rolltreppe hinab, allein im finsteren U-Bahn-Schacht. Gefährlich nahe steht die Schnapsdrossel schließlich am Gleis – und nur ein roter Absatzschuh bleibt von ihr übrig. Der Rest verteilt sich auf den Schienen.

Allerdings wären die Überlebenschancen der Trinkfreudigen wohl eh beschränkt gewesen, bei dem Personal, welches hier Dienst tut! Kontrolleur Muki geht aufgrund Narkolepsie schon beim Frühstück fast drauf, sein Kollege Tibi kämpft derweil gegen den Schwarzfahrer "Road Runner", dem nichts mehr Freude bereitet, als arme Schaffner vollzusprühen. Laci rastet nebenbei völlig aus und tötet einen Passagier, der "Professor" dagegen wird von Alpträumen gequält, in denen ihn Passagiere foltern, während Bahnfahrer Belà volltrunken gern mal die Station verpaßt. Ein ganz normaler Tag. Zumindest wäre es das, würde sich Bulcsú nicht spontan in eine junge Frau verknallen. Kein Wunder: In dem Bärenkostüm, welches es permanent trägt, sieht das Mädel echt knuffig aus. So schlagen sich die Kontrolleure mit Dummschwätzern, mißlaunigen Zigeunerinnen und Psychopathen herum – was eigentlich ganz erträglich sein könnte, wenn (man erinnere sich an die Blondine vom Beginn) im Dunkel nicht ein Killer lauern würde.

Klingt gut? Ist es auch, zumindest im ersten Drittel. Da reichen schrille Gags skurrilen Figuren die Hand und legt der Film ein atemberaubendes Tempo vor. Doch nachdem man alle Protagonisten kennt, geht es langsam bergab. Ab dato dreht sich Regisseur Antal nämlich redundant im Kreis, wärmt nur noch seine eigenen Ideen auf und zieht schließlich ganz die Notbremse. Damit wenigstens irgendwas passiert, muß eben besagter Mörder her und minutenlang durch die Schächte sausen. Gähn!

Zu allem Übel bringt Antal fast keinen der Handlungsstränge zu einem befriedigenden Ende, sondern schmeißt den Zuschauer einfach mit x offenen Fragen aus dem fahrenden cineastischen Zug. Natürlich mag man behaupten, dies sei gewollt. Doch angesichts dessen, auf welch zerdehntes und substanzloses Niveau KONTROLL letztlich fällt, muß wohl doch eher von inszenatorischem Unvermögen gesprochen werden.

Originaltitel: KONTROLL

Ungarn 2003, 110 min
Verleih: Tiberius

Genre: Horror, Killer

Darsteller: Sándor Csány, Zoltán Mucsi, Csaba Pindroch, Sándor Badár, Zsolt Nagy

Stab:
Regie: Nimród Antal
Drehbuch: Nimród Antal

Kinostart: 10.02.05

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...