So ein Sommer allein in der Stadt, der kann lang werden. Miriam ist Anfang 30 und Inspizientin. „Am Staatstheater“, wie sie mal sagt, in diesem so klar stillen wie beiläufigen Ton, der ihr eigen ist, und der immer auch ein wenig was von einem Achselzucken hat. Was schon einiges über Miriam erzählen mag. Wie auch die Art, wie sie ihre Arbeit verrichtet, wie sie freundlich und konzentriert die Schauspieler auf die Bühne ruft, die letzten Szenenbilder ankündigt oder die Zeit, die noch bleibt bis zum Schlußapplaus der Vorstellung.
Der Anfang von Catharina Göldners Film KOSMONAUTENSEHNSUCHT schaut Miriam bei ihrer Arbeit lange und – man spürt es – gern zu. Ganz bei sich scheint Miriam, wenn sie hinter der Bühne, aus der Sicherheit einer gewissen Anonymität heraus, das Bühnenspiel vorne koordiniert. Daß es die letzte Vorstellung vor der Sommerpause ist, sieht man ihr nicht an. Und das, obwohl Miriam doch weiß, wie lang so ein Sommer werden kann. Allein in der Stadt. Und mit dieser Sehnsucht, die diesem Film den Namen gibt. Und mit der Miriam sich wegträumt aus ihrer Einsamkeit, hin zu der Kosmonautin, in die sie verliebt ist, und die irgendwo in kosmischen Fernen schweben mag. Bloß, daß das mit dem Wegträumen immer schlechter klappt, ob der langen Sommertage in der leeren Stadt Berlin. Weshalb Miriam mit Hilfe der Sterne (eines Astrologen) und eines vom stoffligen Nachbarn geklauten Autos die Sache mit der Liebe dann doch irgendwie aktiver zu betreiben versucht.
Kurz und schnörkellos, melancholisch still und mit lakonischem Humor. KOSMONAUTENSEHNSUCHT ist ein Low-Budget-Film über das Warten und Suchen, über die Liebe und den Sommer, die Stadt Berlin und das Land drumherum. Ein Lied in Moll, aber keines, das Trübsinn bläst. Ein bißchen Roadmovie, ohne es zu übertreiben mit den zurückgelegten Entfernungen. Und das unprätentiöse Porträt einer Frau, zu der an einer Stelle jemand den schönen Satz sagt: „Du und die Sehnsucht, Ihr steckt doch unter einer Decke.“
Ein Satz, dem man auch diesem Film zueignen kann. Mit der Sehnsucht nämlich steckt der ganz sicher unter einer Decke und scheint dabei selbst eine erfüllte Sehnsucht zu sein. Die danach, einen Film zu drehen, eine Geschichte zu erzählen, ein kleines Lied zu singen ohne viel Trara. In KOSMONAUTENSEHNSUCHT klappt das so gut, daß man nach der Stunde, die der Film nur dauert, gleich die Repeat-Taste drücken möchte. Im Kino natürlich!
D 2015, 61 min
Verleih: Eigenverleih
Genre: Liebe, Poesie, Tragikomödie
Darsteller: Katharina Behrens, Jan Jaroszek, Nadja Stübinger
Regie: Catharina Göldner
Kinostart: 25.08.16
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.