Originaltitel: LAMB

Island/S/Polen 2021, 106 min
FSK 16
Verleih: Koch

Genre: Horror, Mystery

Darsteller: Noomi Rapace, Hilmir Snær Guðnason, Björn Hlynur Haraldsson, Ingvar Eggert Sigurðsson

Regie: Valdimar Jóhannsson

Kinostart: 03.02.22

1 Bewertung

Lamb

Jemand ist bei den Schafen

Daß in einem isländischen Film wenig gesprochen wird, in den ersten zehn Minuten gar nicht, entspricht ja fast der Norm. Gleichsam, daß die sowieso sprachlos machende Landschaft dort auf der Besetzungsliste steht. Selbst die LAMB dominierende Grundstimmung mit heiklen, dramatischen, verblüffenden und komischen Momenten ist gesetzt, also völlig frei von überraschenden Nebenwirkungen. Dennoch ist Valdimar Jóhannssons Debüt noch einmal einen Zacken deutlicher entfernt von dieser Welt. Mysteriös also. Gattungstreu.

Jemand ist bei den Schafen. Man hört es, sieht es nicht, ahnt es aber. Die Vierbeiner könnten Maria und Ingvar davon erzählen, wenn sie bei ihnen im Stall sind. Außer dem üblichen „Mähä“ kommt nicht viel aus ihnen heraus. Der Hund bellt, die Katze miaut, alles ist gut auf dem Hof im Irgendwo von Island. Das nächste Lamm wird geboren und begrüßt. Das übernächste Lamm wird geboren – und die Blicke von Maria und Ingvar begrüßen es anders als sonst. Inniger. Wissend irgendwie. Eine Art Code? Mit dem Köpfchen ist alles gut beim Lämmchen. Mehr ist zunächst nicht offensichtlich. Nur, das Neugeborene bleibt nicht im Stall, nicht bei der Mutter. Es liegt bei den Menschen im Kinderbett und bekommt den Namen Ada. Da war schon mal eine Ada im Leben der jungen Bauernehe. Es hat etwas von cineastischer Folter, auf die uns LAMB fortan spannt, weil wir das Kind endlich mal im Ganzen sehen wollen. Wie beiläufig es Regisseur Jóhannsson dann löst, ist genial. Die Frage von Pétur, dem nahe beim Hof aus einem Kofferraum geworfenen Bruder Ingvars, könnte aus dem Publikum kommen: „Was habt Ihr da?“ Ingvars Antwort: „Wir haben Glück.“

Pétur ist nicht nur zu Besuch auf der Farm. Er wird der vertraute Außenstehende, der das, was dort im Alltag vor sich geht, zunächst hinterfragt, nach und nach damit dealt, sich arrangiert, es zu goutieren beginnt. Ein Leben zu viert – Mutter, Vater, Onkel und, na ja, Kind. Herrlich! Es kann so aber nicht bleiben. Wird es auch nicht.

LAMB meint es mit dem, was er erzählt, sehr ernst. Auch in der Wahl der Mittel, denn zu oft kippen diese Art Genrefilme für Erwachsene ins unfreiwillig Absurde, ins künstlich Spinnerte ab und entziehen sich selbst das Fundament der Akzeptanz. LAMB ist anders, so anders zum Beispiel, wie das nordische Kino schon mit Trollen in BORDER oder Vampiren in SO FINSTER DIE NACHT umgegangen ist.

[ Andreas Körner ]