D 2019, 96 min
FSK 0
Verleih: NFP

Genre: Dokumentation

Regie: Alice Agneskirchner

Kinostart: 14.03.19

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Lampenfieber

Blick hinter die Kulissen des größten Kinderensembles

Die Bühne des Friedrichstadtpalastes ist die größte Theaterbühne der Welt. Wer hier singt und tanzt, tut das vor 2.000 Zuschauern, da ist es nicht verwunderlich, daß es ohne Lampenfieber nicht geht. Erst recht nicht, wenn auf dieser Bühne nicht professionelle Künstler stehen, sondern die Mitglieder des Kinderensembles, die fast ein Jahr lang auf diesen Moment hingefiebert und -geprobt haben. 280 Kinder und Jugendliche zwischen 7 und 16 Jahren proben neben Alltag, Schule und allem, was zum Erwachsenwerden dazugehört, für ihren großen Auftritt.

Es ist gut, daß sich der Dokumentarfilm von Alice Agneskirchner trotz des Titels gar nicht so sehr auf das Lampenfieber vor der Premiere konzentriert, sondern eher den Alltag der Nachwuchskünstler in den Blick nimmt. Denn der hat es in sich – auch ohne Theater. LAMPENFIEBER begleitet fünf ganz unterschiedliche junge Menschen vom Casting bis zur Premiere und zeigt, wie wichtig es sein kann, für etwas zu brennen und auf etwas hinzuarbeiten. Agneskirchner beweist mit der Auswahl ihrer Protagonisten Fingerspitzengefühl und Augenmaß, richtet ihre Kamera sowohl auf Bühnentiere wie auf scheuere Wesen, zeigt Große und Kleine, Naturtalente und Kämpfer. Besonders wichtig ist es, daß es nicht beim Blick auf die (Probe-)Bühne bleibt, sondern sichtbar wird, daß jeder einzelne in dieser Gruppe auch jenseits des Friedrichstadtpalastes Tag für Tag mit verschiedensten Herausforderungen konfrontiert ist. Zwischen Selbst(er)findung, erster Liebe, der Abnabelung von den Eltern und dem Umgang mit Ängsten, Krankheit und Tod gelingt es diesen Kindern, mit bemerkenswert geradem Rücken und offenem Herzen durchs Leben zu gehen. Ob sie auf der Bühne eine Hauptrolle ergattert haben oder in der zweiten Reihe tanzen, spielt da dann kaum noch eine Rolle, denn für die jungen Ensemblemitglieder geht es offenkundig darum, hier – entlang hoher Erwartungen – wachsen zu können und sich dabei gegenseitig zu unterstützen.

Es ist berührend und inspirierend, sie dabei begleiten zu dürfen, gerade weil dieser Film nicht das in den Mittelpunkt stellt, was ohnehin schon im Scheinwerferlicht stattfindet, sondern das beleuchtet, was die Kinder ausmacht und worauf sie aufbauen. Ein schönes Gegengewicht zu Castingshows und Co.

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.